Instrumentaler Metal mag in Zeiten von Spotify und den dadurch geschwundenen Aufmerksamkeitsspannen seitens der Hörerschaft (zumindest was Musik angeht) vielleicht nicht unbedingt ein vorprogrammierter Verkaufsschlager sein, aber das hält passionierte bzw. hier: studierte Musiker ganz bestimmt nicht davon ab, einfach nur die Musik zu spielen, auf die sie gerade Bock haben. NAVIAN aus Norwegen sind eine solche Band, die laut Presseinfo für ihr erstes Festival gerade mal einen Monat Zeit hatte, um das dafür notwendige Songmaterial auszuarbeiten – das Ergebnis dessen war die Debüt-EP „Reset“. Dabei handelt es sich bei diesem Trio definitiv um eine Band, deren Stil mit traumwandlerischer Sicherheit auf der Schwelle zwischen Post- und Prog-Metal wandelt – was man auf dem hier vorliegenden Full-Length-Einstand „Cosmos“ ziemlich eindrucksvoll in Aktion erleben kann.
Jubilierende Gitarren, perlende Synths, kein Gesang
Auf der einen Seite liefern die Songs jede Menge verträumte Melodien und werden oft durch atmosphärische Synthesizer untermalt, auf der anderen Seite geht es hier, was die Gitarrenkunst angeht, recht technisch zu, sodass Freunde geschäftiger Gitarrensoli und Befürworter von leichtfüßiger und angenehm subtiler Stimmung gleichermaßen auf ihre Kosten kommen dürften. Das Ganze klingt zudem angenehm erdig und rockig. Dabei kommen die jubilierenden Gitarrenleads besonders knackig und klar herausgearbeitet daher, während die treibenderen Riffs einen Hauch Garage in das Klangbild hineinwehen lassen. Das wirkt alles wunderbar aufeinander abgestimmt und zu keinem Zeitpunkt bekommt man das Gefühl, dass der Sound durch selbstverliebtes Genudel zugekleistert wird.
Wo NAVIAN allerdings noch nachhelfen müssen, zumindest im Bezug auf „Cosmos“, ist beim Songwriting. Die acht Tracks klingen leider insgesamt ein bisschen zu gleichförmig, um Hörer jenseits des technisch eindrucksvollen wenngleich nicht zu überladenen Spektakels längerfristig bei der Stange zu halten. In kleineren Portionen genossen kann man mit den Songs richtig schön in höhere Sphären abheben, keine Frage. Aber am Stück gehört offenbart „Cosmos“ eben doch etwas zu viel Repetition. Oft jubilieren die Gitarrenleads in den gleichen Tonlagen, selten werden die Midtempo-Grooves merklich variiert und das Repertoire an songschreiberischen Kniffen erschöpft sich bei den Norwegern zumindest nach jetzigem Stand darin, kraftvolle, euphorische Melodien über atmosphärische Harmonien hinweg jauchzen zu lassen und zwischenzeitlich mal bratende Riffs zwischen zu schalten – so ganz ohne Gesang ist das ein bisschen wenig.
NAVIAN haben die Technik voll im Griff, aber nicht das Songwriting
Klar, hier und da wird mal variiert, sodass „Apricity“ mit einem Elektro-Beat eingeleitet wird (damit wird aber im weiteren Verlauf nicht mehr viel angestellt). „Temple“ nennt einige krumme Takte sein eigen. Und der abschließende Titeltrack lässt sich mit den verträumten Synth-Linien richtig Zeit, was in der atmosphärisch wohl dichtesten Passage des Albums resultiert. Erhebende Stimmung ist generell etwas, was NAVIAN ohrenscheinlich im Schlaf hinkriegen. Doch gerade mit dem rockigeren Aspekt ließe sich noch weit mehr Interessantes im Sound des Trios anstellen. Neben klassischen Tricks wie der Variation von Aggressivität, Intensität und Tempo traue ich den Herren angesichts ihres Background durchaus Verrückteres zu. Immerhin brechen vereinzelte Tapping-Soli immer wieder einmal hervor, doch das ist mehr die Ausnahme.
Fest steht, dass NAVIAN richtig gute Musiker sind, die sich, um den Pressetext abermals zu paraphrasieren, technisch anspruchsvoller Musik angenommen, sich der Herausforderung gestellt und diese nach harter Arbeit gemeistert haben. Das hört man „Cosmos“ definitiv an und die klare Produktion leistet ganze Arbeit, um das Hörerlebnis zu jeder Zeit angenehm zu gestalten. Aber man hört sich auch vergleichsweise schnell satt und schaltet nach spätestens drei Tracks ab, was angesichts der enormen, spielerischen Qualität des Dargebotenen schade ist. Unsereins ist dennoch gewillt, „Cosmos“ im oberen Mittelfeld anzusiedeln, einfach weil ich daran glaube, dass NAVIAN ihre Songwritingschwäche mit künftigen Leistungen noch in den Griff kriegen werden.
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