Nami - The Eternal Light Of The Unconscious Mind

Review

In Andorra eine Handvoll fähige Musiker aufzutreiben und mit ihnen eine Platte von der Qualität einer „Fragile Alignments“ aufzunehmen (siehe auch: PERSEFONE – „Spiritual Migration„), ist eine mehr als respektable Leistung. Jeder, der das zum Beispiel in Dessau-Roßlau schon einmal versucht hat, wird wissen wovon ich spreche. Beide Fleckchen der Erde nämlich, der Pyrenäen-Staat und das sachsen-anhaltische Städtchen, haben fast exakt die gleiche Einwohnerzahl. Konsequenterweise wurde das Debüt des Experimental-Fünfers NAMI vor ziemlich genau zwei Jahren bei uns auch mit einer entsprechend starken und vor allem verdienten Wertung bedacht.

Nun also legen die Mannen aus dem Hochgebirge mit dem episch betitelten „The Eternal Light Of The Unconscious Mind“ ihr Zweitwerk vor. Und getreu dem Weg, der mit dem 2011er Debüt eingeschlagen wurde, geht es auch auf dem neuen Silberling überwiegend anspruchsvoll und facettenreich zu Werke. Während der Großteil der Platte in Eigenregie in Andorra aufgenommen wurde, konnte für Mix und Mastering erneut Jens Bogren (u.a. THE OCEAN, KATATONIA) gewonnen werden, der sich als perfekte Wahl herausstellt – sein ausgewogener Sound setzt die experimentellen, teils opulent daherkommenden Kompositionen bestens in Szene.

Stilistisch bietet die Platte eine beeindruckende Bandbreite: Von gelegentlich durchscheinenden Progressive-(Death-)Anleihen (u.a. OPETH) über verschiedenste Post-Metal-Elemente (THE OCEAN, KATATONIA, CULT OF LUNA), den bereits auf dem Debüt sehr präsenten, ausufernden Post-Rock-/Shoegaze-Melodien (ALCEST, PELICAN) bis hin zu modernen Klängen (ARCHITECTS, BETWEEN THE BURIED AND ME, ASIDE FROM A DAY) bietet das Album so ziemlich alles, was man sich als aufgeschlossener Metal-Hörer ohne Genre-Scheuklappen wünschen kann. Da passt es nur ins Bild, dass in diversen Tracks auch ein Saxophon zum Einsatz kommt und das Klangspektrum mit mehreren Gastsängern zusätzlich erweitert wird.

So veredelt beispielsweise Loïc Rossetti (THE OCEAN) das getragen intonierte „Silent Mouth“ – was allerdings nicht heißen soll, dass Roger Andreu, der etatmäßige Sänger der Truppe, in irgendeiner Hinsicht blass bleiben würde. Im Gegenteil: Der Mann besitzt ein umfangreiches Repertoire an verschiedenen Stimmfarben, die situationsabhängig und geschickt eingesetzt werden. Andreus Organ weckt dabei wie im sphärischen Mittelteil von „Hope In Faintness“ gelegentlich sogar Erinnerungen an Familie Collins (SOUND OF CONTACT – „Dimensionaut„) oder Jonas Renkse (KATATONIA). Wer auf „The Eternal Light Of The Unconscious Mind“ letztlich exakt jeden einzelnen Part gesungen hat ist für mich allerdings nicht klar zu identifizieren – Drummer Sergi Verdeguer und Gitarrist Filipe Baldaia steuern ebenfalls Gesänge bei. Es steht jedoch fest: Die Vocals sind insgesamt sehr abwechslungsreich und äußerst stimmungsvoll – auch wenn Fronter Andreu noch immer so seine Problemchen mit der englischen Aussprache hat. Das allerdings wirkt am Ende eher sympathisch, als stümperhaft.

Zu den Songs im Einzelnen: Der Auftakt in Form des Openers „The Beholders“ ist noch etwas holprig geraten. So wirken die ersten Minuten des Tracks, in denen überwiegend vertrackte Post-Metal-Riffs dominieren, auch nach mehreren Durchläufen zerfahren und konfus. Erst der epische Schlusspart vermag es, den Hörer zu fesseln. Mit den folgenden „Ariadna“, bei dem zum ersten Mal das Saxophon erklingt, und dem bereits angesprochenen „Silent Mouth“ servieren NAMI im Anschluss aber zwei absolute Leckerbissen. Insbesondere letzterer Song gehört nicht nur aufgrund des Gesangsduetts Andreu/Rossetti zum Besten, was das Genre in diesem Jahr hervorgebracht hat – was für Melodien, was für eine Atmosphäre!

Und auch im weiteren Verlauf hält die Scheibe diverse hochklassige Momente bereit. Zu den Highlights zählen das ruppige „Hunter’s Dormancy“, die melodisch etwas zugänglicher gehaltenen „Bless of Faintness“ und „Hope In Faintness“ (deren Titel und musikalische Machart eine thematische Verknüpfung vermuten lassen – Lyrics liegen mir aktuell aber leider nicht vor), sowie der epische Schlusstrack „The Dream Eater“, der in knapp zehn Minuten noch einmal das volle Programm auffährt. Zudem finden sich mit „The Animal And The Golden Throne“ und „Crimson Sky“ noch zwei deutlich ruhigere Stücke in der Tracklist wieder, die vornehmlich als Atempausen fungieren.

Am Ende belegen NAMI mit ihrem Zweitling eindrucksvoll, dass ihr starkes Debüt keine Eintagsfliege war und dass mit der Truppe im Bereich des experimentellen Metal zweifelsfrei zu rechnen ist. Beindruckend ist dabei vor allem die große Eigenständigkeit, mit der die Band agiert – da sei der ein oder andere kleine Wackler gern verziehen. In meiner persönlichen Genre-Top-10 des Jahres streitet sich „The Eternal Light Of The Unconscious Mind“ daher mit Platten wie der überraschend starken „Spiritual Migration“ und „Vertikal“ um den Platz hinter dem alles überragenden „Pelagial„. Unbedingt antesten!

08.11.2013

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