Nailed To Obscurity - Black Frost

Review

Soundcheck Januar 2019# 9 Galerie mit 18 Bildern: Nailed To Obscurity - Co-Headline Tour 2022 in Berlin

Die Nachricht, dass die Melo Deather von NAILED TO OBSCURITY einen Deal mit Nuclear Blast unterzeichnet haben, kam im Sommer sicher für einige überraschend. Zwar haben die Niedersachsen, gerade mit ihren beiden letzten Alben „Opaque“ und „King Delusion“ einiges an Lorbeeren einfahren können und haben mit bekannten Bands die Bühne geteilt. Der direkte Schritt zu Europas größtem Metal-Label ist trotzdem ein unerwarteter. Prüfen wir also, ob der vierte Longplayer „Black Frost“ diese Veränderung gut überstanden hat.

NAILED TO OBSCURITY – Mehr Atmosphäre und Eigenständigkeit

Manchmal weiß man selbst gar nicht mehr, was einen an einem gewissen Album mal gestört hat. Auch der aktuelle Rezensent verspürte bei „King Delusion„, ähnlich wie Kollege Kreutzer, nicht dieselbe Euphorie, wie noch zum Release von „Opaque“. Mit etwas Abstand betrachtet war das wohl etwas kurzsichtig. Sicher war „King Delusion“ weniger eingängig als der direkte Vorläufer, dafür gab es komplexere, düstere Songs zu entdecken, wenn man sich denn darauf einließ.

Irgendwie macht es einem „Black Frost“ da direkt einfacher. Während der Titelsong ein typischer Opener ist, da er stilistisch noch am ehesten an das bisherige Werk anknüpft, wird bereits in „Tears Of The Eyeless“ klar, dass dieses Mal die Zeichen noch stärker auf Veränderung stehen. Nicht nur der Cleangesang von Sänger Raimund Ennenga erinnert plötzlich stark an die letzten beiden KATATONIA-Releases, selbst die begleitenden Gitarren gehen stark in diese Richtung. Aufgrund der für NAILED TO OBSCURITY typischen, warmen Gitarrenharmonien, die immer wieder eingestreut werden, fällt die Trostlosigkeit jedoch deutlich geringer aus als bei den Schweden um Jonas Renkse.

Einfach nur zu sagen, dass „Black Frost“ den bisherigen Bandsound plus ein wenig KATATONIA darstellt, ist aber deutlich zu kurz gegriffen. Vielmehr zeigt sich auf der gesamten Länge ein extrem vielschichtiges Album. In unserem ausführlichen Interview verrät Gitarrist Jan-Ole Lamberti, dass man sich zunächst sehr stark an „King Delusion“ orientiert hat, aber das meiste noch einmal verworfen hat, um etwas neues, eigenständigeres und vor allem atmosphärischeres zu erschaffen. Dieses Vorgehen zahlt sich letztlich aus, da einfach in allen Bereichen eine Weiterentwicklung zu verzeichnen ist. Exemplarisch sei hier der Gesang genannt, der zwar weniger Growls beinhaltet, dafür aber von clean über angeraut bis zu Flüstern oder gar mehrstimmigen Passagen sehr dynamisch ausfällt.

Erwähnenswert sind auch die deutlich stärker im Vordergrund stehenden atmosphärischen Parts, die hauptsächlich von wenig verzerrten Gitarren dominiert werden und einerseits für Auflockerung, andererseits aber auch für einen hohen Wiedererkennungswert der einzelnen Kompositionen sorgen. Besonders zu nennen sind hier „Resonance“ und „Road To Perdition“. Letzterer fasst ohnehin alle Trademarks des Albums perfekt zusammen und zeigt, dass acht Minuten mit der richtigen Untermalung verdammt schnell vergehen können.

Von einer Idee muss man sich aber wohl verabschieden: Quasi-Hits, die man einzeln herauspickt und vielleicht aufgrund eines besonders catchigen, den Song dominierenden Riffs ständig in Dauerschleife hört, wie beispielsweise „Torn To Shreds“ oder „In Vain“ von „Opaque“ wird es wohl in absehbarer Zeit von NAILED TO OBSCURITY eher nicht mehr geben. Das ist aber auch völlig egal, wenn die Songs eine derartige Einheit bilden, wie auf „Black Frost“ und das Album als Ganzes einfach so gut funktioniert. Ein weiteres Statement gegen den, von Medien im Mainstream-Musikbereich schon herbei geschrienen, Tod des Albums.

Ein erstes Death-Metal-Jahreshighlight – „Black Frost“

Die deutsche Death-Metal-Szene wächst und gedeiht, das lässt sich angesichts toller Releases der jüngsten Zeit von Acts wie CHAPEL OF DISEASE, SULPHUR AEON oder auch DÉCEMBRE NOIR mit Sicherheit sagen. Ein kurzlebiger Trend ist auch nicht zu erwarten, da bereits die drei genannten Bands, trotz gemeinsamer Basis, in völlig unterschiedliche Richtungen gehen. Momentan ist es einfach spannend zu sehen, welche Band als nächstes etwas tolles aus dem Hut zaubert, neue Wege geht und verschiedene Richtungen stimmig miteinander vereint. Mit „Black Frost“ untermauern NAILED TO OBSCURITY, dass mit ihnen definitiv zu rechnen ist und sie ebenfalls zur „neuen Speerspitze“ des deutschen Death Metal gehören.

„Black Frost“ hat von allem ein wenig mehr: Mehr Experimentierfreude, Atmosphäre, Melancholie, mehr Doom, mehr KATATONIA… aber halt! Von einer Sache ist dann doch weniger enthalten: Härte! Ist das irgendwie störend? Keinesfalls. Wer es schafft, verschiedenste Einflüsse aus melancholischer Düsternis derart stimmungsvoll miteinander zu verweben, dem kann man definitiv ein erstes Death-Metal-Jahreshighlight attestieren.

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03.01.2019

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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