Es ist an der Zeit, nochmals einer Band die Ehre zu erweisen, deren Diskografie zwar eigentlich relativ kurz, das Vermächtnis dafür aber umso außergewöhnlicher, prägender und eigenständiger ist. Das dritte und leider letzte Album der Aachener NAGELFAR, „Virus West“, erschien bereits im Januar 2001 und wurde nun nochmals über Ván neu aufgelegt. Ein Jahr nach der Veröffentlichung war dann Schicht im Schacht und die Gruppe wurde zu Grabe getragen.
Wie auf allen Alben definierten sich NAGELFAR auch auf dem Krankheitserreger aus dem Westen wiederum fast schon neu, ohne allerdings die eigene Vergangenheit zu leugnen, und zelebrierten ein Sperrfeuer an grimmigen Black-Metal-Salven, welche wahrlich mächtige und anspruchsvolle Kompositionen schwarzer Tonkunst darstellen. Nach dem mystischem „Hünengrab im Herbst“ und dem teils elektronischen, experimentellen Konzeptalbum „Sronngorrth“ schlägt „Virus West“ ein neuen Weg ein, welcher schneller, aggressiver, roher, ursprünglicher, bösartiger und schwärzer ist. Sägende und sirrende Mörderriffs, unmenschliches Gekreische, höllisches Schlagzeugspiel und viele sinnvoll hinzugefügte Klangdetails tragen den von einer ultrabrutalen, menschenverachtenden und kalten Atmosphäre getragenen Black Metal, welcher sich an den Anfängen in Norwegen orientiert, ohne jedoch auch nur ansatzweise zur bloßen Kopie zu verkommen. Von schierer Blastbeat-Raserei bis zu schleppenden Rhythmen wird die gesamte Geschwindigkeitspalette dargeboten. Der Hörer wird geradezu von einer tödlichen Lawine klassischen, archaischen und kraftstrotzenden Black Metals überrollt. Die einzelnen, überlangen und komplexen Stücke durchleben zig Wendungen und zeugen von erlesener, hymnischer Schwarzmetallkunst voller Gänsehautmomente. Einziger Wermutstropfen ist der etwas weniger gute, aber einnehmende Kreischgesang von Zingultus, der seinem Vorgänger Jander nicht ganz das Wasser reichen kann.
Es ist wirklich bedauerlich, dass sich eine derartig ambitioniert und exzentrisch zu Werke gehende Band wie NAGELFAR aufgelöst hat. So stellt „Virus West“ den Schwanengesang einer hoch gelobten, von den Fans verehrten Gruppe dar, welcher ergreifender, facettenreicher kaum sein könnte. Mit ihrem Schaffen haben sich NAGELFAR selbst ein Denkmal gesetzt, und so lausche ich nochmals einer der interessantesten Bands, welche der deutsche Black Metal jemals hervorbrachte. R.I.P.!
10/10, genug gesagt…
Für dieses Werk gibt es keine Worte.
Janders Weggang war der Anfang vom Ende. Das Album reicht nicht an seine Vorgänger heran, aber für "Meuterei" bin ich heute noch dankbar.