Nachtmystium - Live At Roadburn 2010

Review

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Zwei Monate vor dem Erscheinen ihres aktuellen Albums „Addicts: Black Meddle Pt. II“ spielten die die Grenzen des Black Metal in Richtung Psychedelic Rock und gar Pop durchbrechenden NACHTMYSTIUM am 15. April 2010 auf dem Roadburn Festival im niederländischen Tilburg. Der Auftritt war alleine deshalb ein besonderer, weil Ron van Herpen (ASTROSONIQ/THE DEVIL’S BLOOD) und Teun van der Velden (ASTROSONIQ) an Sologitarre und Synthesizer nach nur wenigen Tagen Vorbereitungszeit und einer einzigen gemeinsamen Probe aushalfen, da der reguläre NACHTMYSTIUM-Gitarrist Pat Clancy während der Tour in die US-amerikanische Heimat zurückreisen musste. „Live At Roadburn 2010“ heißt das in 180 Gramm schweres Vinyl geritzte Vermächtnis dieser Nacht.

Den Einstieg machen mit dem ruppigen „Your True Enemy“ und dem mit großartigem Chorus gesegneten „Ghosts Of Grace“ gleich die zwei vielleicht besten Stücke vom 2008er Grenzgänger „Assassins: Black Meddle Pt. I“. Doch die Freude wird schnell und deutlich getrübt, denn die auf den Studioalben immer recht homogen eingewobenen Synthesizerklänge sind hier – neben dem donnernden Schlagzeug – enorm vordergründig, wirken regelrecht aufgesetzt und störend. Gesang und Gitarre – und damit viele Feinheiten – gehen irgendwo im Hintergrund unter. Klar, es handelt sich um ein Live-Album und mit zunehmender Konzertdauer ist dann auch alles ein wenig besser ausbalanciert, aber leider längst nicht optimal.

Frontmann Blake Judd scheint dies nicht wahrzunehmen oder sich zumindest nicht daran zu stören. So nutzt er gut aufgelegt bei seinen enthusiastisch vorgetragenen Ansagen die Gelegenheit, das Publikum an der Freude der Band, auf dem Roadburn spielen zu können, teilhaben zu lassen. Neben zwei Stücken der recht traditionell metallisch gehaltenen „Doomsday Derelicts“-EP von 2009 gibt es mit „A Seed For Suffering“ und „Chosen By No One“ mittig im Set für die Nostalgiker einen kleinen Zweierblock vom dritten Album „Instinct: Decay“ – weiter zurück in die rein schwarzmetallische Anfangsphase und damit zu ihren ersten beiden Scheiben gehen NACHTMYSTIUM jedoch nicht (mehr). Gegen Ende wirft man den Fans dann mit dem vehementen „High On Hate“ auch noch einen Appetithappen vom damals kommenden „Addicts: Black Meddle Pt. II“ vor die Füße, bevor das Titelstück der „Assassins“-Großtat einen gelungenen Abschluss darstellt.

Schade, dass der Hörgenuss etwas unter den im Mix zu dominanten Synthesizern leidet, spürt man auf „Live At Roadburn 2010“ doch die brodelnde Leidenschaft der Musiker und vernimmt bei der Bühnendarbietung deutlicher als auf den letzten Studioalben unter der immer wieder frisch aufgezogenen Haut auch den nach wie vor (schwarz-)metallischen Herzschlag NACHTMYSTIUMs. Wahrscheinlich verstärkt sich dieser Eindruck durch die Setlist, welche größtenteils auf direkte und aggressive Stücke setzt und das aktuellste Werk bis auf eine Ausnahme noch nicht berücksichtigt. Heutzutage, nur ein Jahr später, würde ein Live-Album dieser Gruppe mit von einem unwiderstehlichen Pop-Appeal verdelten Liedern wie „Nightfall“ wahrscheinlich schon wieder anders wirken. Die zahlreichen Liebhaber dieser Formation, die man wohl zu den innovativsten extremen Bands ihrer Generation zählen darf, können bei dem hübschen Gatefold-Vinyl-Sammlerstück zugreifen, Neulinge sollten sich jedoch mit dem hypnotischen, grandiosen „Assassins“ oder dem die spannende stilistische Öffnung noch weiter treibenden „Addicts“ annähern, da auf diesen alle Details und Facetten der schöpferischen Kraft NACHTMYSTIUMs bei besserem Klang zur Geltung kommen.

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13.05.2011

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