Um das Debütwerk der brasilianischen Black-Metaller MYSTIFIER ausreichend einzuordnen, sind gleich zwei Reisen erforderlich. Die erste geht durch die Zeit in das Jahr 1992, die andere durch den Raum ins ferne Südamerika, das ebenso einen stilistischen Einfluss auf die Musik des Trios hat. Dabei gelten die Jungs als eine der wenigen Truppen, die es schon in den Neunzigern geschafft haben, über die großen Ozeane nach Europa und Nordamerika zu schwappen, um sich einen überregionalen Bekanntheitsgrad zu schaffen. Nun bietet sich hinsichtlich des Re-Releases von Greyhaze Records die Klärung der Frage an, was kann “Wicca“ eigentlich heute noch?
Da gilt es in jedem Fall differenziert zu betrachten. Zwar gewinnt die brasilianische Wirtschaft auf dem Weltmarkt immer mehr an Bedeutung, doch hat sich dies insbesondere erst in den vergangenen Jahren geäußert. Dazu kommt, dass die Kluft zwischen Arm und Reich immer noch eine unheimlich große Rolle spielt. In den frühen Neunzigern war es also für eine Black-Metal-Band alles andere als einfach, ein soundtechnisch einwandfreies Debütwerk zu schmieden. Folglich klingt das Debütalbum von MYSTIFIER in seiner Ausrichtung grundsätzlich extrem dunkel, mit dumpfem Schlagwerk, unermüdlich surrenden Gitarren und spärlich eingesetzten Plastik-Keyboards.
Besonders wenn die Band um den ehemaligen Sänger Meugninousouan in geschwindigkeitsintensivere Phasen übergeht, schlackern dem Hörer die Ohren vor prügelndem Irrsinn. Auch die inhumane Stimmlandschaft auf “Wicca“ macht die Platte nicht viel einfacher genießbar, klingen doch sämtliche, durchaus variabel eingesetzte, Stimmen fast schon wie Monster aus einer Zeichentrick-Serie. Das ändert allerdings nichts daran, dass MYSTIFIER hier eine ganz eigensinnige, teilweise wahrhaftig schwarzexotische Atmosphäre kreieren, der man sich manchmal nur schwer entziehen kann.
Mit “An Elizabethan Devil – Worshiper’s Prayer Book“ haben die Brasilianer schließlich sogar noch eine schwerfällige Bombe im Gepäck, die hinsichtlich ihrer Aura zu 100 % zündet. Letztlich bleibt “Wicca“ sicherlich für viele ein Kultwerk, das seinen Status nie mehr verlieren wird, doch unter musikalischen Gesichtspunkten ist die Scheibe dann doch nicht viel mehr als ein in seiner Machart etwas außergewöhnliches, überdurchschnittliches Teufelsgerät.
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