Myrkur - Mareridt

Review

Zeit ihrer Existenz sieht sich MYRKUR ziemlich kontroversen Diskussionen bis hin zu ziemlich ekelhaften Hasskommentaren ausgesetzt. Um die soll es jetzt aber gar nicht gehen. Zumal die Aufregung gemessen an den bisherigen Veröffentlichungen völlig überzogen wirkt – lässt sich zwar Interessantes erkennen, aber eben kein Explosionsstoff. Die Aufmerksamkeit sollte daher viel eher dem jetzigen Schaffen MYRKURs gelten, denn diese hat „Mareridt“ absolut verdient!

„Mareridt“: Weniger Black Metal, mehr Chelsea Wolfe

Vor allem, weil der Black-Metal-Anteil auf dem Zweitwerk der Dänin deutlich reduziert wurde. Dieser Raum wird viel deutlicher von Post-Rock, Folk und psychedelischen Tönen ausgefüllt. Dass hin und wieder ein paar Blastbeats oder schrammelnde Gitarren eingestreut werden, sollte aber nicht vergessen werden, gerade weil bereits der zweite Song „Måneblôt“ das bisher stärkste Stück mit deutlichen Black-Metal-Anleihen von MYRKUR ist. Der Kontrast aus aggressiver Finsternis und verträumter, dunkler Schönheit spiegelt sich dabei nicht nur in den Instrumenten wider, sondern wird ebenso vom Gesang unterstrichen. Die wüsten Schreie, die neben dem Doublebass-Gewitter die ersten Sekunden dominieren, weichen schnell einem zerbrechlichen, ja entrückt-verträumten Klargesang. Ergänzt um traditionelle Folk-Instrumente, zeigt sich hier Abwechslung auf höchstem Niveau und ist ein kleiner Fingerzeig, was „Mareridt“ zu bieten hat.

Allerdings sind das längst nicht alle Facetten, die MYRKUR heuer zum Vorschein bringt. Schon das folgende „The Serpent“ schlägt mit schweren Gitarren, schleppendem Tempo und verzerrtem Gesang ganz andere Töne an – die in dieser Form erste Erinnerungen an CHELSEA WOLFE oder mit Abstrichen IDES OF GEMINI wecken. Und so darf sich der Hörer auf eine spannende Reise durch die Finsternis begeben. Denn neben zärtlicher Schönheit, gepaart mit packenden Folk-Momenten bis hin zu von Metal getragenem, kraftstrotzendem Material bietet „Mareridt“ viel Entdeckungspotenzial. Trotz der gebotenen Abwechslung lässt sich nahezu durchgehend ein roter Faden erkennen. Imposant dabei: Ein Rädchen greift ins andere und die gesangliche Bandbreite der Multi-Instrumentalistin fügt auch die letzten Mosaiksteinchen zusammen.

So gesehen funktioniert „Mareridt“ im Gesamtbild hervorragend, dennoch stechen neben „Måneblôt“ noch weitere Songs heraus. So vor allem das träge wabernde „Funeral“, bei dem CHELSEA WOLFE als Gast dabei ist. Auch das folkig-metallische „Ulvinde“ bleibt nachhaltig im Gedächtnis und sollte auch einzeln angetestet werden. Dass MYRKUR zudem noch in verschiedenen Sprachen singt, gibt „Mareridt“ zusätzlichen Reiz. Wer jetzt noch nach Kritikpunkten sucht, dem sei gesagt, dass sicherlich nicht jede Sekunde auf dem Zweitwerk absolute Höchstleistungen offenbart. Doch derartige Momente verbergen sich maximal in einzelnen Passagen und schmälern das Gesamterlebnis marginal.

Ob die peinlichen Diskussionen um MYRKUR verstummen werden?

Ob MYRKUR mit diesem Album endlich von all den peinlichen Diskussionen wegkommen, mag ich zwar bezweifeln, doch hoffentlich geht es zeitnahe endlich wieder ums Wesentliche: die Kunst. Und für diese verdient MYRKUR höchste Anerkennung: anmachen, zurücklehnen, versinken!

01.09.2017

Chefredakteur

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