Myrkur - Juniper (EP)

Review

Was war das Geschrei groß, als 2014 die erste EP von MYRKUR erschien und kurz darauf das Debütalbum „M„. Die Trveness-Debatte war in vollem Gange. Darf man mit Black Metal so herumexperimentieren? Kann ein dänisches Model, das zeitweise sogar in den USA lebt, solche Musik überhaupt machen? Mittlerweile sind diese Stimmen weitgehend verstummt, da Amalie Bruun das alles, zumindest nach außen, völlig kalt gelassen und sie einfach ihr Ding weiter durchgezogen hat. Nach dem äußerst erfolgreichen zweiten Album „Mareridt“ erscheint nun, vermutlich als Vorbote für den nächsten Longplayer, die Zwei-Track-EP „Juniper“.

MYRKUR – Musikalischer Mittelfinger für Geschmackswächter

Wie nicht anders zu erwarten, geht Frau Bruun den mit MYRKUR eingeschlagenen Weg einfach weiter. Dieser besteht in erster Linie darin, einfach alle musikalischen Einflüsse zu vermischen, die ihr selbst gefallen und somit den selbsternannten Geschmackswächtern den Mittelfinger entgegen zu strecken. Bereits auf „Mareridt“ enthielten nur noch einige Songs Black-Metal-Anteile, stattdessen entwickelte sich der Sound in Richtung Indie und Dark Pop à la CHELSEA WOLFE, die praktischerweise auch gleich als Gast dabei war.

Das Titelsstück „Juniper“ orientiert sich auch weiterhin an dem eher düsteren Pop-Stil von Songs wie „The Serpent“ oder „Crown“, ohne allerdings ganz deren Intensität zu erreichen. Die Folk-Einflüsse sind dafür wieder etwas stärker vorhanden und ein paar schrammelnde Riffs haben sich ebenfalls verirrt. MYRKUR entwickelt hier ihre ganz eigene, nordisch-folkige Dark-Pop-Variante, mit der sie sich auch deutlich von anderen Künstlerinnen, wie z.B. EMMA RUTH RUNDLE, abgrenzt. Textlich bleibt zwar natürlich ein gewisser Raum für Interpretationen, offenbar geht es aber um ein kleines Mädchen, deren Wut über Veränderungen in der Familie hier Ausdruck verliehen wird. Eine autobiographische Note ist wohl nicht ganz auszuschließen. Vermutlich das Ergebnis der Zusammenarbeit mit dem neuen Produzenten Jaime Gómez Arellano ist der im Vergleich zu Randall Dunns Arbeit auf „Mareridt“ wieder etwas zurückgenommenere, natürlichere Sound.

Bereits den Abschluss der EP bildet „Bonden og Kragen“, eine Neuinterpretation eines dänischen Volksliedes aus dem 16. Jahrhundert. Ähnliches gab es ja bei MYRKUR schon öfters, vor allem in den Anfangstagen. Die reine Akustik-Folk-Ballade erinnert daher auch eher an das Debüt oder das Akustik-Live-Album „Mausoleum“ von 2016. Prädikat: Ganz nett, muss aber auch nicht unbedingt.

Ein schöner Song macht noch keine EP – „Juniper“

„Juniper“ ist wieder ein toller, typischer MYRKUR-Song geworden, sofern man bei der Experimentierfreude des Soloprojekts von Amalie Bruun überhaupt davon sprechen kann. Der absolute Gänsehaut-Effekt, der sich bei einigen Nummern des Vorgängeralbums eingestellt hatte, bleibt allerdings bislang aus. Tatsächlich ist dann ein selbstgeschriebener neuer Song, lediglich um einen veredeltes Volsklied angereichert, für eine EP wirklich ein wenig dünn. So bleibt „Juniper“ ein schöner Appetizer auf ein hoffentlich bald folgendes neues Album und macht auch durchaus Lust auf mehr. Das Release als Single wäre aber unter dem Strich deutlich ehrlicher gewesen.

16.12.2018

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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