Geduld ist eine Tugend, die wir als Redakteure immer wieder unter Beweis stellen müssen. Denn ansonsten würde ein Großteil der eingereichten Alben, die sich vor allem durch in Schablonen gepresste musikalische Ergüsse auszeichnen, spätestens nach der Hälfte der Spieldauer in einer schönen Flugbahn als Frisbee dienend aus dem Fenster segeln und so auf Nimmerwiedersehen verschwinden.
Da wir aber Geduld beweisen, kommt es vor, dass am Ende des Albums tatsächlich noch Überraschungen auf einen warten. Im Fall MYRA ist es mal wieder so. Bei den ersten Songs ihres zweiten Albums „Godspeed“ könnte man die Skip-Taste beinahe als göttlichen Geniestreich interpretieren, denn dort ist der Einschlaf-Faktor enorm. Langweilige Metalcore Durchschnittkost nach vorgegebenem Schema F zusammengesetzt, die im Endeffekt lediglich das ein oder andere nette Riff zu bieten hat. Die Vocals werden in eintönigem Geschrei vorgetragen, das Tempo wirkt gezwungen hoch, so dass auch noch jeder winziger Tropfen von „schönen“ Zwischenparts wieder niedergeprügelt wird und die Enttäuschung das Zepter übernimmt. Und dann plötzlich das: „(For)get What You Deserve“ überrascht trotz ähnlicher Songstrukturen durch ein wirklich tightes Riffing und unglaublich ohrentauglichen Leads, und plötzlich zieht auch mal ein Moshpart richtig gut. Gleiches gilt für das am Ende ziemlich dunkel drückende „Wrath“, dass ähnlich gut ins Ohr geht und – oh Wunder! – sogar hängen bleibt.
Schade, dass die Leipziger es nicht schaffen, solcherlei Ideen auf ein ganzes Album auszudehnen, und sich lieber daran versuchen, möglichst schnell und hart zu sein. Dass das auf Dauer auf Kosten der Spannung und vor allem der Aufmerksamkeit seitens der Hörerschaft geht, müsste langsam eigentlich jeder Band bekannt sein. Wie dem auch sei, die eben angesprochenen Songs bewahren „Godspeed“ nicht nur vor einer unterdurchschnittlichen Bewertung, sondern ersparen dem Album auch das Schicksal, als Frisbeescheibe zu enden.
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