My Dying Bride - A Map Of All Our Failures

Review

Galerie mit 32 Bildern: My Dying Bride - Eindhoven Metal Meeting 2022

Glockenschläge, ein doomiges Gitarrenriff, der zerbrechliche Gesang von Aaron Stainthorpe, schließlich einzelne Geigenklänge – die ersten Momente auf „A Map Of All Our Failures“ sind ein erster Hinweis darauf, dass sich die britischen Düsterkönige MY DYING BRIDE selbst treu geblieben sind, nachdem die Veröffentlichungen seit dem letzten vollwertigen Studioalbum „For Lies I Sire“ eher experimentellen Charakter hatten: Die Ein-Track-EP „The Barghest O’Whitby“ ebenso wie das Jubiläumsalbum „Evinta“, auf dem Versatzstücke älterer Songs zu neuen Stücken arrangiert und mit klassischen Instrumenten aufgenommen wurden.

Und nun tauchen MY DYING BRIDE wieder in ihre Welt der Trauer und Verzweiflung ein – das sind jedenfalls die Eindrücke nach dem ersten Durchgang. Trotz des bisweilen flotten und giftig vorgetragenen Openers „Kneel ‚Till Doomsday“ erscheint das neue Werk zunächst langsam und beklemmend, und der Gesang drückt eine Kraftlosigkeit und Passivität angesichts des hereinbrechenden Unglücks aus. Es ist wie ein Winden im Versagen, das man nicht zu ändern vermag; es ist wie das Fügen in sein Schicksal; es ist wie die Aufgabe aller Hoffnungen. Dazu sorgsam gesetzte Geigenklänge. Und die Gitarristen verweben freudlose Harmonien, die manchmal nur noch in Rückkopplungen ausklingen. Schwer verdaulich, bisweilen sogar schwer zu ertragen.

Aber MY DYING BRIDE machen erstens keine anbiedernde Unterhaltungsmusik und sind zweitens eben auch dafür bekannt, dass ihre Alben wachsen. Man muss sich auf sie einlassen und ihnen Zeit geben sich zu entfalten. Dann offenbaren sich plötzlich Melodien, die vorher im Verborgenen geblieben sind, und zu vermeintlich zähen Passagen nickt man plötzlich mit dem Kopf. Eigentlich ist das Album gar nicht so trostlos, wie es im ersten Moment erscheint. Und wie Sänger Aaron zu Recht bemerkt, enthält es sogar Mitsing-Parts, wie beispielsweise beim schwarzen Marsch „Like A Perpetual Funeral“. Selbst die vertonte Tristesse „A Tapestry Scorned“ strahlt trotz der disharmonischen Gitarrenarbeit am Ende ein Fünkchen Hoffnung aus.

Gleichzeitig rücken kraftvollere Stücke wie „Hail Odysseus“ mehr in den Fokus – und hier möchte man nicht nur mitsingen, sondern gleich die Faust recken. Allerdings sind solche extremen Passagen auf dem Album vergleichsweise rar gesät: Da gibt es mal einen eruptiven Ausbruch mit Blastbeats beim Opener „Kneel ‚Till Doomsday“, mal ein death-doomiges Zwischenspiel mit Grunzgesang („A Tapestry Scorned“), mal walzendes Tempo (das genannte „Hail Odysseus“).

Somit lebt auch „A Map Of All Our Failures“ wie fast alle Alben von MY DYING BRIDE vorwiegend von seiner Wirkung und erfordert dabei alle Aufmerksamkeit vom Hörer. Das ist manchmal ein erschöpfender Prozess, aber am Ende fühlt man sich befreit, ja sogar beschwingt – wenn man nicht schon bei einzelnen Songs mitgesummt hat. Was Kollege Norman einst zu „A Line Of Deathless Kings“ so treffend formulierte, trifft somit auch auf „A Map Of All Our Failures“ zu: Das Album „schmerzt, fordert und berauscht zugleich.“ Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.

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19.10.2012

- Dreaming in Red -

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7 Kommentare zu My Dying Bride - A Map Of All Our Failures

  1. Uwe sagt:

    Als Fan der Anfangstage ist man immer skeptisch wenn eine neue CD erscheint. Selbst nach 20 Jahre wird man von MDB wieder überrascht. Die Experimente sind der Tradition gewichen und das kommt bei mir verdammt gut an.

    9/10
  2. AK76 sagt:

    Also wie man dieses Album unter DEATH METAL einordnen kann ist mir ein Rätsel. Gut, eure Schubladen hier sind eh sehr oft totaler Quatsch, aber wenn das hier kein DOOM METAL ist, dann weiss ich es echt nicht. Sehr unprofessionell.

  3. Matthias sagt:

    Also, reiner Doom Metal ist das hier für mich nicht.

  4. AK76 sagt:

    Aehm … Hallo? Wo ist das denn Deathmetal? Hab ich da in den letzten 20 Jahren was verpasst? Ich meine hier natuerlich die Oberkategorie, und da ist Deathmetal nunmal einfach totaler Schwachsinn… aber wie schon erwähnt, die Genreeinteilungen auf metal.de sind gerne schonmal etwas wirr, aber hier liegt echt ein Fall totaler Fehlleitung vor 🙂

  5. Andreas sagt:

    Definitiv aber eines der besten Alben des Jahres!

    10/10
  6. Matthias sagt:

    Hab ich doch nicht behauptet, dass das Death Metal ist, selbst wenn Einflüsse hörbar sind (zB bei den schnellen Passagen, die definitiv KEIN Doom sind). Das mit den Oberkategorien ist doch kaum schlimm, denn Doom und Death sind sich schon verwandt, wenn natürlich auch nicht gleich. DIE richtige Kategorie gibt es eh nicht und ich kenne ehrlich gesagt auch kein Magazin, wo die Angaben immer passen. Mittlerweile gibt es soviele Verästelungen, dass man genötigt ist, sich so nah wie möglich ans Resultat heranzuarbeiten, auch mit der Gefahr, es nicht zu 100% zu treffem. Auf die Unterkategorie kommt hier es an und die ist hier mit Death-Doom (natürlich immer mit Interpretationsspielraum) nach meinem Empfinden durchaus gerechtfertigt. Nur Doom würde hier nicht stimmen… nur Death selbstverständlich auch nicht. Allerdings glaube ich auch,d ass es wichtigeres gibt, als sich darüber zu beschweren… zB die Qualität des Albums und die sehe ich persönlich eher bei 7-8 von 10 😉

  7. Eckart Maronde sagt:

    @ AK76: Da My Dying Bride ursprünglich aus dem Death Metal kommen und nach wie vor bzw. wieder Grunzvocals benutzen, habe ich mir erlaubt, das Album unter Death-Doom Metal einzuordnen und nicht unter Doom-Death oder gar Doom Metal. Ist doch weder „unprofessionell“ noch „wirr“ noch schlimm.