Mit dem Schnurrbart ist es ja so eine Sache. Stilistisch ist so ein halber Bart nicht jeden Mannes Sache. Idole wie Bruchpilot Möllemann, Günter Grass oder Burt Reynolds -von weiblichen Fans auch liebevoll “Schnurrburt“ genannt- haben diese Bartracht populär gemacht. Unterschiedlichste Varianten wie die Miniaturrotzbremse von Führer Hitler oder die Matte von Handballgott Heiner Brand, die manchem Headbanger als Haupthaar zu großer Ehre gereichen würde, sind zwei unendlich vieler möglicher Formen. Weitere geläufige, oft dialektal bedingte Bezeichnungen sind Schnauzbart, Schnäuzer, Schnorres, Schnauzer; ferner gibt es Slangbegriffe wie Pornobalken, Schenkelbürste (Kapiert das jemand?? Tsts…) oder die Kurzform Oliba. Für Ober-LIppen-BArt. Der Franzose nennt ihn moustache, und hieran angelehnt sagt man in Schweden mustasch. Damit wären wir beim Thema.
MUSTASCH kommen nämlich aus Schweden. Im Jahre 2007 waren sie der erfolgreichste schwedische Export in Sachen gitarrenbetonten Geschrummels. Hierfür wurden sie 2008 mit dem schwedischen Grammy bedacht. Seit 2001 haben MUSTASCH bei EMI eine EP und fünf Alben veröffentlich, was durchaus für ihre Produktivität spricht. Mit “Lowlife Highlights“ gibt’s jetzt eine Best-Of, auf der sämtliche Hitsingles versammelt sind, u.a. die vermutlich hinlänglich bekannten “I Hunt Alone“ (Uäh, Chorgesang bitte überhören!), “Down In Black“ und “Black City“.
Ähnlich vielen Schnurrbartträgern kümmern sie sich einen feuchten Dreck um einen zeitgemäßen, modisch korrekten Auftritt. Deswegen ist ihr Sound auch so herrlich 70’s-mäßig… finden sie selbst. Ist er bei genauem Hinhören aber doch nicht! Genaugenommen klingen MUSTASCH reichlich kalkuliert, sauber, adrett. Ihr bei genauerem Hinhören erschreckend lauwarmer, aalglatt und butterweich produzierter Sound hat eher was vom gepflegten Ausrasten des schnauzertragenden Sachbearbeiters im Landratsamt, der anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums fünfe gerade sein lässt und mit den Kollegen spontan ein Gläschen Prosecco kippt. Während der Dienstzeit!
Trotz satter 18 Titel und einer wirklich amtlichen Spielzeit kann ich “Lowlife Highlights“ nicht empfehlen. Echte Fans haben eh‘ alle Platten, neue dürften sich nach dem Hören dieser Zusammenstellung kaum finden. Zu gleichbleibend sind der beschriebene Sound und das zugegeben angenehme Midtempo. Einzig “Ratsafari“, der Titeltrack des Albums von 2003 ließ mich wirklich aufhorchen- los geht’s mit einem feinen BLACK SABBATH-Riff, dann entwickelt sich das Ganze zu einem monoton vorwärtsstampfendem Groover, der bei entsprechend knapper Produktion selbst WEEDEATER zur Ehre gereicht hätte. Diese leider einzig spannende Ausnahme macht die Platte höchstens für Freunde partytauglichen Stonerrocks à la FU MANCHU, QOTSA oder neuerer Outputs von MONSTER MAGNET interessant. Oder für beinharte Schnauzerfetischisten jeglichen Geschlechts.
Also, mich konnte diese Zusammenstellung voll und ganz überzeugen. Aber es ist ja allgemein bekannt, dass Metal.de gerne Platten verreißt