Mushroomhead - Call The Devil

Review

Obwohl sie technisch gesehen die dienstältere Band sind, könnte man durchaus sagen dass MUSHROOMHEAD im Schatten von SLIPKNOT stehen, auch wenn dies vermutlich durch ihre eigene Integrität, nicht auf den damals offerierten Major-Deal einzugehen den Letztgenannte schließlich nutzten, ein Stück weit hausgemacht ist. Aber es gibt die Formation noch, also gibt es offenbar auch noch Bedarf an deren Musik, die seit dem Vorgänger „A Wonderful Life“ bei Napalm Records veröffentlicht wird. Dort erscheint nun auch die neue Platte „Call The Devil“ mit einem unwahrscheinlich käsigen Cover, das wenig Hoffnung auf das Gehörte macht.

Dabei machen die maskierten US-Amerikaner auf dem Papier nicht viel anders als sonst. Wir bekommen wieder diesen Mix aus Industrial Metal, Nu Metal und Groove Metal mit mehrgliedrigem Gesangstandem, der hin und wieder ein bisschen Redneck-artig herüber kommt. Gelegentlich werden ein paar zeitgenössische Stadion-Rock-Schlenker inkorporiert, wodurch sich der Sound aber eher selbst ein Bein stellt und so richtig lahm und bieder gerät. „We Don’t Care“ verkörpert dies in Reinkultur und will am liebsten einen auf dicke Hose machen, kommt aber so handzahm daher, dass man den Track vermutlich mit einem haushaltsüblichen Ventilator zum kippeln bringen könnte.

Die Stärken kristallisieren sich bei MUSHROOMHEAD recht schnell heraus

Wenn die Band aggressiv nach vorne geht, produziert sie oftmals recht simple aber funktionale Grooves. Das ist das altbekannte COAL CHAMBER-Syndrom, das im Nu Metal weit verbreitet ist, und inkludiert rudimentäre Palm Mute-Riffs, die seltener mal ein bisschen Southern-Kante zeigen und meist die üblichen Chugs bieten. Aber man kann mit gutem Willen mitbangen, wenn dies mit Dampf oder Groove dargeboten wird, und einige Hooks sind auch ganz nett, wenn auch weitestgehend im Mittelfeld dessen, was im radiotauglichen Alternative Metal so möglich ist. So weit, so okay. Doch dann kommen balladeskere Cuts oder gar irgendwas, was wie sinistre Zirkusmusik klingt und in den Köpfen der Band wohl Avantgarde sein soll, de facto aber in der Luft hängen gelassen wird, anstatt damit richtig dick aufzutragen. „UIOP (A Final Reprieve)“ ist ein Fall, bei dem etwas mehr Aufregung á la KONTRUST oder DIABLO SWING ORCHESTRA geholfen hätte.

Generell müssten sie diesen Möchtegern-Kram sein lassen. Der Opener „Eye To Eye“ hat zum Beispiel ein paar echt straff gezogene Rhythmen, die zur körperlichen Betätigung inspirieren neben einer Hook, die ziemlich ordentlich in den Nacken drückt. „Prepackaged“ hat ein paar heftige Grooves und wird eigentlich nur durch die generische Hook ausgebremst. Auch „Torn In Two“, der vielleicht archetypischste Nu-Metal-Track der Platte, hat die richtigen Ideen. Dank Jackie LaPonza ist auf den jüngeren Releases etwas mehr femininer Pepp in die Sache reingekommen, aber sie ist auf „Call The Devil“ zumindest gesanglich kurioserweise unterbeschäftigt. Die Hooks, in denen sie auftaucht, lassen aber wenigstens ein bisschen aufhorchen, vor allem in „Shame In A Basket“ geht sie auf, wobei die wie ein Nachklapp wirkenden Metal-Anteile die Stimmung hier empfindlich stören.

Umso mehr wundert man sich, warum sie den Möchtegern-Kram nicht sein lassen …

Die aggressiven Cuts wirken also routiniert aus der Hüfte geschüttelt und funktionieren deshalb vermutlich so gut, während es den dramatischen Nummern an echter Kunstfertigkeit mangelt. Immer wenn MUSHROOMHEAD auf die Tube drücken, dann ist die Platte am besten, dann kaschieren Drive und Groove ein Stück weit die technischen Unzulänglichkeiten. Aber in ihren ruhigen Momenten fällt der Sound viel zu schnell auseinander, meist weil die Instrumentierung viel zu simpel ist oder weil die Band einfach kein Gespür für echte Theatralik und Dramatik hat – in diesen Parts klingt die Platte wie eine stümperhafte Version von 6:33. Oder aber sie nerven uns mit Songs wie „Grand Gesture“, in dem Langeweile fast schon als Waffe eingesetzt wird.

„Call The Devil“ ist ein klassischer Fall von „Schuster, bleib bei deinen Leisten“. Hätten MUSHROOMHEAD hier den ganzen Kram, den sie evident nicht draufhaben, links liegen gelassen und einfach nur auf die Kacke gehauen, wäre vielleicht kein Gassenhauer aber allemal ein ungleich genießbareres Album heraus gekommen. Dann hätte man einfach nur das Hirn ausschalten und am breitbeinigen, Groove- und Industrial-Metal-schwangeren Nu-Metal-Sound sogar richtig viel Freude haben können. Das Erzeugnis, das wir letztlich bekommen haben, spiegelt allerdings nicht die Erfahrung oder die Abgebrühtheit wider, die man einer seit mittlerweile über 30 Jahren existierenden Band zu unterstellen gewillt ist …

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02.08.2024

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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