MOUNTAINEER aus dem kalifornischen Oakland sind eine dieser Sludge-Kapellen, die seit einigen Jahren in schöner Regelmäßigkeit Alben raus hauen, die nie wirklich schlecht, aber eben auch nie herausragend sind. Gut, böse Zungen könnten behaupten, dass herausragendes in diesem Genre kaum möglich ist, steht doch Repetitivität und die Wall of Sound an sich meist im Mittelpunkt. Allerdings sorgten Produktion und teilweise pures Gejamme auf dem Vorgänger „Bloodletting“ dafür, dass trotz der genrebedingten Eintönigkeit zu häufig Langeweile aufkam. Bekommt das Sextett auf dem neuen Longplayer „Giving Up The Ghost“ die Kurve?
MOUNTAINEER – Versöhnlicher Einstieg
Der Einstieg in das neue Album fällt direkt versöhnlicher aus als auf „Bloodletting“, ermöglicht das kurze Intro „The Ghost“ doch einen behutsamen Einstieg in das kommende, natürlich wie immer nicht einfach zu erfassende Material. Der eigentliche Opener „Blot Out The Sun“ ist dann auch direkt die längste Nummer der Platte, mit siebeneinhalb Minuten aber für das Genre fast noch kurz und knackig. Der Klargesang von Miguel Meza wird nun deutlich effektiver eingesetzt, schwankt zwischen der düsteren Monotonität eines Manne Ikonen (GHOST BRIGADE) und leichtem Post-Rock-Singsang. Auch der mehrstimmige Schreigesang transportiert die enthaltene Verzweiflung stimmig.
Natürlich dürfen auch düstere Zeitlupen-Riffs wieder nicht zu kurz kommen, MOUNTAINEER verhehlen auch dieses Mal ihre Vorliebe für den Doom nicht. In „Bed Of Flowers“ kombinieren die Kalifornier diese Elemente mit einem eher an Post-Grunge à la ALICE IN CHAINS erinnernden Gesang, was dem Song eine interessante Note und dem Album insgesamt deutlich mehr Varianz verleiht. A propos Varianz: Auch vor großen Melodiebögen, wie in „When The Soul Sleeps“ scheut man sich dieses Mal nicht. Diese sorgen fast schon für so etwas wie Eingängigkeit, werden aber auch immer wieder von harschen Parts gekontert.
Ingesamt klingt „Giving Up The Ghost“ deutlich weniger tonnenschwer als der unmittelbare Vorgänger, ist viel häufiger im Post-Rock angesiedelt, als im Doom-Sludge, auch wenn es natürlich noch Songs wie „Touch The Glass“ gibt, die genüsslich dem musikalischen Nihilismus frönen. Selbst diese klingen durch die vielschichtigere, weniger staubtrockene Produktion lebendiger als zuletzt, können aber zugegebenermaßen mit den abwechslungsreicheren Highlights der Platte nicht mithalten.
Besseres Songwriting, mehr Abwechslung – „Giving Up The Ghost“
Ganz offensichtlich haben MOUNTAINEER das pandemiebedingte Plus an freier Zeit dazu genutzt, ihr Songwriting zu verbessern und vor allem deutlich zu straffen. Denn, neben dem besseren Sound, sind es vor allem die schlüssigen, nachvollziehbaren Songstrukturen und die höhere Vielschichtigkeit die „Giving Up The Ghost“ zur besseren Platte machen, vergleicht man sie mit dem ersten von der jetzigen Besetzung eingespielten „Bloodletting“. Natürlich kann man argumentieren, dass mehr Eingängigkeit, nachvollziehbares Songwriting und eine knackige Spielzeit eigentlich nicht zu Sludge passen – aber eine Band, die laut eigener Aussage nichts von Genrekonventionen hält, kann man zu diesem Schritt nur Beglückwünschen.
Ist „Giving Up The Ghost“ nun der ganz große Wurf? Nein, denn zur Oberklasse des Genres fehlt es MOUNTAINEER noch an Raffinesse, den kleinen Feinheiten, die ein Album immer wieder auf den Plattenteller katapultieren. Dennoch ist dieses Album ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung.
Kann dem Review ausgehend von dem Videosong nur zustimmen. Das ist schon sehr fein, aber es fehlt noch etwas zu größeren Klasse, sowohl in der Instrumentierung, wie auch gesanglich, da fehlen mir etwas die Höhen und Tiefen. Ja und vielleicht auch etwas von der besagten Raffinesse. Aber insgesamt solides Teil, sehr angenehm produziert, mit weitergehendem Potential.