Motorpsycho - The Crucible

Review

Galerie mit 7 Bildern: Motorpsycho - Hellseatic Open Air 2022

MOTORPSYCHO lassen dem riesengroßen „The Tower“ nun „The Crucible“ folgen. Drei Männer, drei Songs, drei Ansagen. Denn Hans Magnus Ryan (Gitarren, Gesang), Bent Sæther (Bass, Gesang) und seit Kurzem Tomas Järmyr (Schlagzeug) stellen mindestens das an anderen großen Konservatoriums-Dreiergangs wie SODOM und den MENTORS geschulte Ohr vor nicht ganz unerhebliche Herausforderungen. Allein der Titelsong ist über 20 Minuten lang – in der Zeit haben genannte Feingeister schon ganze Alben untergebracht. Und untergebracht werden auf „The Crucible“ insgesamt mehr Stilrichtungen als auf „Obsessed By Cruelty“ Akkorde. Einerseits.

MOTORPSYCHO gehen auch ohne Vorbildung

Andererseits schaffen es MOTORPSYCHO wie meist, dass ihre Musik eben nicht nur von Musik-als-Wissenschaft-Begreifern durchgewunken wird. Und dass „The Crucible“ vermutlich nicht hochgelobt – man will sich ja aus Sicherheitsgründen keine Blöße geben, kann aber nach zwei Wochen keinen einzigen Song mehr benennen – vergessen wird.
Die drei Herren verlieren nämlich trotz aller Haken und Finten den Song niemals aus den Augen. (Und besser, die Beschreibung klingt abgegriffen als deren Objekt.)
„Psychotzar“ zum Einstieg wird zwar durch Gongschläge erhöht und Mellotron dunkel verziert, bleibt aber vor allem durch ein prägnantes und griffiges Frühsiebziger-Iommi-Riff geerdet. Inklusive klassischem Rocksolo, markantem Bass und hypnotischem Harmonie-Gesang geht das Stück vergleichsweise direkt in die Blutbahn.

„The Crucible“ frittiert Psychedelic und Prog Rock deluxe

„Lux Aeterna“ schwelgt dann zu Beginn in BEATLES-Größenwahn, die Akustische erklingt zu mehrstimmigem Gesang, dann kommen die Streicher, irgendwann vereinzelte Riffs, manisches Getrommel – und ziemlich ansatzlos bricht der Jazzrock-Wahnsinn aus. John Zorn versucht mit Erfolg, einem tatsächlichen Song nahe zu kommen. Und das ist eben das Besondere an MOTORPSYCHO: Da drehen drei Typen (nicht nur nach Rock-Maßstäben) für einige Minuten instrumentell vollkommen frei und trotzdem klingt das Ganze nicht nach Selbstzweck und zu kleinem Penis. Sondern aufregend. Und ziemlich cool. Dass der Song dann nach wilder Rock’n’Roll-Überleitung erneut still endet, das passt.

Und das Titelstück? 20 Minuten lang einmal alles? „Über Musik schreiben ist wie zu Architektur tanzen.“ (KETTCAR) Beziehungsweise: Manches sollte einfach nicht über Gebühr seziert werden. Es ist immer noch Rock. Allerdings in der Sweaty-Deluxe-Version. Überwältigend. Psychedelic und Prog Rock werden kunstvoll zum überdimensionalen akustischen Abgeh-Snack frittiert.

Vorsichtiger Hinweis: Better become a Psychonaut. Now.

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15.02.2019

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