Motorjesus - Wheels Of Purgatory

Review

Es ist ein sehr schwieriges Unterfangen, eine Platte zu besprechen, deren Vorgänger bereits immer in den höchsten Tönen gelobt wurden. Man hat eine hohe Erwartungshaltung, mäkelt in der Regel jede kleine Schwäche an, sucht Vergleiche zu den vorangegangenen Werken und legt die Tracks einzeln in eine Wagschale. In jüngster Vergangenheit waren es häufig die großen Gruppen der Szene, die unter diesen kritischen Blicken leiden mussten. MOTORJESUS sind jetzt zwar auch schon seit 18 Jahren unterwegs, aber irgendwelche Müdigkeitserscheinungen sind nicht zu einer Sekunde zu vermelden, im Gegenteil, die Jungs aus Mönchengladbach scheinen nach den letzten Bandinternen Getriebeschäden und Kolbenfressern vielmehr getunt aus der Werkstatt zu kommen.

Denn mit dem (fast) alten Line Up wurden nicht nur die Hammerscheiben „Dirty Pounding Gasoline“ (damals noch unter dem SHITHEADZ-Banner) und „Deathrider“ unter die Meute geschmissen, auch auf dem neuen Album ist die alte Truppe, bis auf den neuen Bassisten und Jünger Roman Jasiczak, der Mark Neschen ersetzte, wieder beisammen. Alleine diese Tatsache ist beinahe ein Garant, dass die Platte nur klasse werden konnte.

Nachdem das Intro „Ignition“ aus den Boxen schallt, wird man bei „Motor Discipline“ mit so ohrenbetäubenden Motorengejaule empfangen, dass einem die Perücke vom Schädel fliegt. Der Song hat die typischen Trademarks der Gruppe, geht sofort nahtlos in den Schädel. Im Vergleich zu den anderen Werken hat sich Sänger Christoph Birx einen härteren aber gleichzeitig auch melodiöseren Stil angeeignet, was den Nummern sehr gut zu Gesicht steht. Das folgende „Fist Of The Dragon“ wurde zwar bereits auf der „100.000. Volt Survivor“ EP veröffentlicht, allerdings musste der Song auf dem neuen Album noch einmal neu gehuldigt werden. Klasse Track, der mittlerweile ein fester Bestandteil des Liveprogramms ist. Fast schon im Stile von KYUSS oder QUEENS OF THE STONE AGE startet „King Of The Dead End Road“, die Bezeichnung Stoner Rock auf Speed bringt es wohl am deutlichsten auf den Punkt. Ne Ecke ruhiger geht es bei „Fuel The Warmachine“ zu, bei dem Sänger Chris sein facettenreiches Können gut zur Schau stellt. Auch das Gitarrensolo im letzten Drittel ist ein Geschenk aus den heiligen Schrauberhallen. Apropos Gitarren, diese stehen im Vergleich zu den anderen Alben nicht mehr so sehr im Vordergrund, Produzent Achim Kaiser hat insgesamt eher auf den Gesang verwiesen und auch mal den Bass deutlicher klingen lassen. Das folgende „Hammer Of The Lord“ kann die Stimmung locker halten, besticht vor allem durch den coolen Refrain. „West Of Hell“ gehört zu den Stücken, die sich arg auf die Nackenmuskulatur ausüben. Gitarrist Andreas Peters hat hier erneut ein Solo zum Besten gegeben, das seinesgleichen sucht. Mit fetten Gitarrenriffs wird man von „Down To Zero“ empfangen. Der treibende Song gehört mit zu den coolsten Stücken der Platte. Schade, dass die Jahreszeit es gerade nicht zulässt, ne kleine Spritztour mit offenen Fenstern zu machen.

Für den Titeltrack der Scheibe muss man erst mal etwas Luft holen, denn „Wheels Of Purgatory“ könnte einem selbige schnell wieder rauben. Der Refrain zwingt einen förmlich mitzugrölen und die Keulen zu schwingen. „The Church (Of Booze And Kerosene)“, ein Song, vielleicht nur geschrieben für die Rhythmusfraktion Guido Reuss (Gitarre), Oliver Beck (Schlagzeug) und Roman Jasiczak. Denn bei keinem anderen Song sieht man die drei vor seinem geistigen Auge so abrocken. „The Shadowman“ gehört wieder mehr in die Stoner Kategorie, auch wenn er vom Grundsatz her eine typische Heavy-Rock-Hymne ist. Ihrer Punk-Rock-Attitüde frönen MOTORJESUS mit „Fire 99“, welches das letzte reguläre Stück des Album ist. Als Bonustracks gibt es noch „Electric Rise“ (mit gesanglicher Unterstützung von Björn Goosses von THE VERY END, NIGHT IN GALES) und das Neil Young-Cover „Old Man“ zu bestaunen. Gerade beim letzteren zeigen MOTORJESUS, dass sie nicht nur mit dem Knüppel umgehen können, sondern auch mal ruhigere Töne verarbeiten können.

„Wheels Of Purgatory“ macht die lange Wartezeit seit dem letzten Album „Deathrider“ mehr als gut. Keine Spuren von Lückenfüllern, halbgaren Tracks oder müden Passagen. Hier wird das Gaspedal durchgetreten, die Lachgaseinspritzung funktioniert einwandfrei. Meine Damen und Herren, hier kommt das beste Album 2010.

28.11.2010
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