Motörhead - The Wörld Is Ours
Review
Lemmy haut mit MOTÖRHEAD nun bereits das zwanzigste Album der Bandhistorie raus, unfassbar… Leichen findet man nicht mehr in seiner Wohnung während seiner Abwesenheit (hatte allerdings einigen Unterhaltungswert), die PLASMATICS-Queen ist Vergangenheit, ebenso GIRLSCHOOL, auch tauscht Old-Lemmy immer öfter den Sattel gegen den Schaukelstuhl. Nun, daher enthält „The Wörld Is Yours“ das, was man von MOTÖRHEAD in der derzeitigen Verfassung erwarten kann, also weichere Klänge, anschmiegsamere Töne als zu seligen „Ace Of Spades“-Zeiten. „Shoot You In The Back“, „Reptile“ oder „Jailbait“ gibt es schon lange nicht mehr, denn die Beute ist erlegt, der permanente Angriff der Gewissheit des Sieges und somit dem Altersruhesitz gewichen.
Dennoch, Unruhe verbreitet Lemmy noch immer. Die Gitarrenleads sind immer in Bewegung, es swingt, sägt auch einmal, groovt. Die Soli flitzen in altbekannt-feiner Manier, es werden diesmal einige Akkorde des „High Voltage“-Albums von AC/DC „adaptiert“, und zwar eins zu eins. Das Selbstplagiat ist bei Lemmy keines, denn hier wird eine Weltanschauung praktiziert: diese braucht keine neuen Regeln, neue Horizonte. Hier ist alles bekannt, darf jedoch gern innerhalb der Grenzen variiert werden.
Und das macht Lemmy auch. Und die Musik ist immer sehr unterhaltsam, ähnlich ZZ TOP oder AC/DC, welche sich ja auch nicht immer neu erfinden. Wer MOTÖRHEAD hört, gehört zur Brötherhood, ganz einfach. Lemmy entdeckt im Alter den Blues, den Rock’n’Roll, den Boogie. Klar, der Mann will tanzen bzw. die Innenrolle-Stilletto-Puppen noch einmal tanzen lassen, warum auch nicht? Kraft hat er ja wohl genug dazu…
Und es gelingen ihm mit dem Heavy-Opener und Dosenöffner „Born To Lose“, dem schnellen „I Know How To Die“, der richtig geilen Hymne „Brotherhood Of Man“ mit tieferem Knurr-Gesang (könnte ja glatt bei IMMORTAL singen, der Mann!) und dem mit Fast-Eddie-Riffing und Klasseleads hinter dem Chorus aufwartenden „I Know What You Need“ wieder sehr feine Songs, welche live gut eingebaut werden können. Unverzeihlich allerdings, dass Lemmy weder die Akustikversion von „Ace Of Spädes“ noch den obligatorischen Harmonica-Akustiktrack ans Ende des Werkes gepackt hat. Da war er wohl schon eingenickt nach einer dreiviertel Pulle Jack Daniels…