Mortiis - Spirit of Rebellion

Review

Im Laufe des letzten Jahrzehnts erblühte in den dunklen Tiefen des Internets ein Genre namens Dungeon Synth, dem wir auf dieser Seite einst ein Special gewidmet haben. Kaum ein Musiker hat von dieser Entwicklung so profitiert, wie der Mann hinter dem Projekt MORTIIS. Kein Wunder, war er es doch, der Anfang bis Mitte der Neunziger die Grundlagen für das Genre legte. Seine Alben aus dieser Zeit legten Maßstäbe für ein Genre, das erst zwanzig Jahre später ein größeres Publikum fand.

Es folgten einige Industrial-Alben, bis MORTIIS vor kurzem bemerkte, dass sein Frühwerk wieder populär geworden war. Der Musiker konnte mit dem alten Material auf Tour gehen, war sogar Headliner beim Prophecy Fest 2019. Dass mit „Spirit of Rebellion“ nun ein Langspieler im alten Stil folgt, war also nur logisch.

Mit „Spirit of Rebellion“ kehrt MORTIIS zurück zu seinen Anfängen

MORTIIS knüpft auf dieser neuen Veröffentlichung stark an die ersten drei Werke an. Dabei bewegt er sich so nahe an seinen Dungeon-Synth-Werken, dass man fast den Eindruck gewinnt, eines der alten Alben zu hören. An vielen Stellen wirkt „Spirit of Rebellion“ deswegen eher wie eine Neubearbeitung oder eine Rückschau, denn als neues Werk.

Auch die Aufteilung des Albums in zwei überlange Tracks erinnert an die ersten MORTIIS-Alben. Doch während es auf diesen gelang, einzelne Passagen flüssig übergehend in ganzheitliche Lieder zu fassen, wirken „A Dark Horizon“ und „Visions of an Ancient Future“ zerstückelt. Immer wieder herrscht ratlose Stille in den ansonsten abrupten Übergängen. Nur einige wiederkehrende Merkmale, die zum Beispiel gegen Anfang und Ende auftauchen, erinnern daran, dass es sich um einen zusammenhängenden Track handeln soll.

Dabei sind die einzelnen Bestandteile der Tracks mitunter gar nicht schlecht, wie zum Beispiel das Musikvideo zu „A Dark Horizon“ demonstriert, das einen Ausschnitt des Songs beinhaltet. Sie wirken aber eben sehr beliebig in ihrer Anordnung, wenn einigen wenigen Referenzen einmal abgesehen.

Dem Meister des Fachs gelingt nur solider Durchschnitt

Dass ausgerechnet der Meister des Faches Dungeon Synth produziert, der lediglich solider Durchschnitt ist, enttäuscht. Schlecht ist das Album keineswegs. Der grundlegende Beat knallt etwas härter, als bei den Mitbewerbern, was anfänglich fesselt, letztlich aber durch die Spannungslosigkeit der Musik verpufft. Abgesehen von einigen Synthwave-Einsprengseln, die dem zweiten Track eine eigene Note geben, wirkt „Spirit of Rebellion“ erschreckend uninspiriert.

Dabei ist der künstlerische Wille, einmal mehr eine eigene Note zu setzen, deutlich hörbar vorhanden. Der rebellische Geist, er ist auf „Spirit of Rebellion“ zu erahnen. Es gelingt MORTIIS aber nicht, über seinen eigenen Schatten zu springen und wirklich den Aufstand zu wagen. Auf diese Weise bleibt es ein Album für Fans und Süchtige.

Wer frischen Stoff aus dem Genre haben möchte, greift besser zu OLD SORCERY oder MURGRIND, die der alten Schule einen neuen Anstrich geben oder zu Projekten wie OFFERMOSE oder DEN SORTE DØD, die trotz enger Genre-Grenzen neue Wege gehen. Verschwendete Zeit ist „Spirit of Rebellion“ sicher nicht, hat aber einfach nicht das Zeug zum Dauerbrenner zu werden, wie die Klassiker, die MORTIIS vor über 20 Jahren erschuf.

20.01.2020
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