Morgoth - Cursed

Review

Manchmal braucht es leider einen traurigen Anlass, um einer alten Scheibe endlich mal wieder die hochverdiente Aufmerksamkeit zu schenken. Hier war es Tod von Gründungsmitglied Carsten Otterbach, der „Cursed“ aus den Tiefen des Plattenschrankes zu Tage förderte. Oh Mann, wie unglaublich genial MORGOTH doch damals waren.

Da bekommt man sofort beim namens gebenden Intro umgehend Gänsehaut, das Stück ist ganz sicher eine der markantesten und besten Einführungen im Death Metal überhaupt. Ein unheilvoller Fluch zieht auf und entlädt sich umgehend bei „Body Count“ in einem Riffgewitter gleich zu Beginn. Und Marc Grewe brüllt sich mal wieder lautstark die ganze Wut vom Leib, herrlich. So kannte man die Jungs ja schon von den beiden unglaublich starken und zu Recht abgefeierten EPs „Resurrection Absurd“ und „The Eternal Fall“. Dennoch fällt sofort auf, welchen gewaltigen Schritt nach vorne MORGOTH mit dieser Debüt-LP nochmals gemacht hatten, alles wirkt viel durchdachter. Die ganze Scheibe klingt gleichzeitig unheimlich reif und strukturiert, bewahrt sich aber dennoch das jugendlich Ungestüme. Dieser Spagat gelingt den Jungs meisterhaft.

MORGOTH mit einem Meilenstein nahe der Perfektion

Und ob nun bei „Exit To Temptation“, „Unreal Imagination“ oder aber „Isolated“, hier fräst sich wirklich jeder Refrain umgehend und vor allem permanent ins Hirn. Gerade bei diesen Parts sind MORGOTH wirklich unglaublich effektiv unterwegs. Herausragend sind ebenfalls die immer wieder eingestreuten hochmelodischen Harmonien und Refrains, auch da zeigen die Jungs aus Meschede beeindruckende Fähigkeiten. Es ist generell schon erstaunlich, wie rasch MORGOTH damals innerhalb kürzester Zeit als Songschreiber gereift waren.

Bei „Isolated“ begeistert neben der beachtlichen Bandbreite vor allem der markante Auftakt, der stilecht im Eröffnungs-Schrei von Marc gipfelt. Gebretter folgt auf doomige Parts und umgekehrt, da ist auch nur der Hauch von Langeweile völlig ausgeschlossen. Und mit welchem edlen Refrain Herr Grewe das teilweise fast schon rockige „Suffer Life“ veredelt, ist echt unglaublich.

„Opportunity Is Gone“ ist dann schließlich das Monster der Scheibe, sowohl was Länge als auch Intensität angeht. Hier bündeln MORGOTH im Prinzip das gesamte Konzept von „Cursed“ in unglaublich intensiven sieben Minuten: Verschiedene Tempi, ein genial eingängiger Refrain und eine enorme Düsternis. Und das abschließende WARNING-Cover „Darkness“ bildet dann den stimmungsvollen Ausklang einer grandiosen Scheibe, der Song wirkt eher wie ein dazu gehörendes Outro.

Einer der herausragenden deutschen Death-Metal-Exporte

„Cursed“ ist ganz sicher einer der herausragenden deutschen Death-Metal-Exporte überhaupt und braucht keinen internationalen Vergleich zu scheuen, absolut keinen! Und dabei darf man nie vergessen, dass dieser Musikstil Anfang der 90er Jahre in Deutschland maximal im Teenie-Alter war, und MORGOTH gerademal Anfang 20. Das dann dennoch so ein zeitloser Klassiker das Licht der Welt erblickte, ist einfach nur genial. Und das edle düstere Coverartwork rundet das Gesamtpaket absolut passend ab.

Diesen Meilenstein als den Höhepunkt von MORGOTHs Kreativität zu feiern, wäre ganz sicher nicht zu 100%  richtig, schließlich gab es da ja noch das ziemlich innovative „Odium“ und das für seine Zeit hochexperimentelle und oft verkannte „Feel Sorry For The Fanatic“. Aber „Cursed“ verkörpert für mich das Highlight in puncto reinem Death Metal von MORGOTH. Auch wenn dieser Debüt-LP schon etwas die brutale Rohheit der beiden EPs abgeht. Dafür kann die Scheibe mit den bereits gepriesenen Merkmalen äußerst eindrucksvoll punkten. Somit kommt man auch ohne die rosarote Nostalgie-Brille auf den Augen gar nicht drum herum zu konstatieren, dass diese Scheibe ein Meilenstein nahe der Perfektion ist.

06.02.2019
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