Morgion - The Relapse Collection

Review

Im Süden Kaliforniens regnet es nie. Einige Mamas und Papas haben schon vor geschätzten 40 Jahren davon gesungen. Besonders arg muss es in Orange County sein. Deswegen spielen z.B. SOCIAL DISTORTION, SUM 41 und die NEW YORK DOLLS genau wie alle anderen Bands dieser Region schnodderigen, mehr oder minder sonnigen Punkrock. Alle anderen Bands? Nein, mindestens eine nicht. MORGION nämlich. Die im Kinderlied besungene güld’ne Sonne interessiert diese Herren bestenfalls bei Nacht oder Sonnenfinsternis. Oder beidem, am besten gleichzeitig.

Nach dem Genuss herrlich unsonniger Radaubrüder wie ENTOMBED, AUTOPSY, MORBID ANGEL und den Regenmachern PARADISE LOST haben die ungefähr 1990 beschlossen, selbst zu Musik zu machen. Und zwar Doom. Stinkefinger hoch in Richtung Bermudashorts, Surfbretter und Sonne!

Nix gegen die Sonne, klar, aber cooler Doom ist einfach was Feines. Wenn es cooler Doom ist. Hierüber bin ich mir im Fall von MORGION nicht ganz sicher. Trotz recht langer, im Doom höchstens durchschnittlich langer Lieder rund um die zehn-Minuten-Marke kommt hier nicht die richtige Atmosphäre auf. Jedenfalls nicht durchgehend. Dafür ist das, was die vier schwarzen Vögel abliefern zu überfrachtet. Zu bombastisch, zu melodiös, zu keyboardifiziert. Andererseits schafft das Quartett es auch mit diesen Mitteln zu überzeugen. Ich gebe das nicht gern zu weil es diskret an meinem schwarz-tiefschwarzen Weltbildchen rüttelt.
Irgendwie majestätisch, erfeulich düster und immer wieder spannend ist das auf dieser Doppel-CD versammelte Material. Hierauf gibt’s alles, was MORGION jemals für Relapse aufgenommen haben, zu hören. Einschließlich sieben unveröffentlichter Studioouttakes und Demosongs sowie einer Proberaumaufnahme, die allerdings kein Mensch braucht. Komplettisten, aufgepasst!

Als erklärter Gegner epischer und melodiöser Töne gestehe ich, mit ”Nightfall Infernal“, ”All The Glory… All The Loss“ und der Übernummer ”In Ashen Tears (Thus I Cry)“ ein paar echte Ohrwürmer entdeckt zu haben. Die Titel lassen es erahnen: die Typen lachen sicher nicht mal, wenn sie während einer Hallervorden-Filmnacht mit Gänsefedern kitzelt. Oder mit Mohrenköpfen und Konfetti bewirft. Eine schöne Sache, mal kräftig und geräuschvoll auf alle bisherigen Vorurteile gepfiffen!

Insgesamt betrachtet bewegen MORGION sich auf traditionellem Wege und tun zu einem großen Teil das, was ISIS, CANDLEMASS, KATATONIA, ANATHEMA und MY DYING BRIDE bereits getan haben. Manchmal jedoch sind sie vertrackt und erinnern an OPETH- auch nicht meine Lieblingsband, aber durchaus eine hörenswerte Kombination. ”The Relapse Collection“ ist eine lohnende Anschaffung für Verehrer melancholischer Töne jeglicher Couleur. Damit meine ich auch so Gothic-Leute. Selbst die dürften hieran Gefallen finden. Eher harte Doomer der Sorte SAINT VITUS, ELECTRIC WIZARD, MOSS (Ahh, MOSS! Geiiil!) etc. sollten sich hier von gebührender Vorsicht lenken lassen. Funeral-Doomern und Schwarzmetallern sind MORGION vermutlich zu lustig bzw. romantisch.

Schade nur, dass der drollige Titel ”Symphonie des Grauens“ hier für ein nicht mal dreiminütiges Instrumental verbraten wurde. Na, nicht weiter tragisch, solange nur die Son- äh, der Mond scheint.

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29.05.2008

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