Fakt ist schon mal: Wer von dieser Band erwartet, einen puren Abklatsch von den DIE TOTEN HOSEN, DIE ÄRZTE und Co. zu finden, ist eindeutig auf dem Holzweg. MORGENTOT aus Osnabrück bieten modernen, teils sogar progressiv angehauchten Punk-Rock, der besonders von seinen Texten lebt. Natürlich sind auch hier die typischen Punk-Riffs enthalten, die einwandfrei und mit einer Menge Spielfreude runtergezockt werden. Jedoch kommt die Band auch über die berühmten drei Akkorde hinaus. Die bereits seit Mitte der neunziger bestehende Formation hat es bereits zu drei Alben und einer Unmenge Samplerbeiträgen geschafft, u.a. „Schlachtrufe BRD“, „Punk Chartbusters“ oder „Soundtracks Zum Untergang“.
Zu Beginn des Albums feuert die Band mit „Warten“ auch schon die erste Salve in die Menge. Eine Irrfahrt zwischen bedrohlicher Melancholie, rasanten Gitarren-Achterbahnfahrten und einer Lyrik, die sich beim erstmaligen hören vielleicht naiv, beim häufigeren Verzehr jedoch als sehr hintergründig erweist. In die gleiche Kerbe schlägt auch „Der weiße Riese“, welches jedoch melodischer geraten ist. Eine Interpretation des Textes bleibt jedem selbst überlassen, wäre an dieser Stelle einfach zu viel. Eine geballte Ladung Power verschießt die Band mit „Dein Krieg“. Geniale Riffs gepaart mit einer passablen Melodyline. Coole Nummer, bei der sogar der Hardcore-Faktor eine Rolle spielt. „Totgelacht“ ist eine nachdenkliche Nummer, die sich dem Wahnsinn hingibt. „Nur ein Moment“ bewegt sich schon fast in Gefilden, die auch dem Open-Minded-Metal-Fan gefallen könnten. Ebenfalls „Nur Ein Moment“. Der teils schleppende Track verbreitet eine dunkle Stimmung, die auf Dauer runterzieht. Vielleicht der richtige Song, um im Gothic-Milieu Fuß zu fassen? Eine ganz klare Aussage hingegen hat „Schlagt Sie Tot!“. Dieser rechts-kritische Song, von denen es mehr geben sollte, ist zwar extrem links, dafür jedoch mehr als sympathisch und bringt es gleichzeitig auf den Punkt! Das „Gedicht“ ist garantiert eine Abrechnung an eine Verflossene eines der Band-Mitglieder. „Trinklied“ ist keine Saufhymne, ich muss euch enttäuschen. Wer es bis hierhin geschafft hat wird feststellen, dass die Band nicht auf Effekthascherei aus ist.
Zu keiner Sekunde wird versucht, Partytaugliche Mucke darzubieten. Vielmehr regen die vier Musiker zum Nachdenken an. „Traum“ kommt besonders durch sein knackiges Gitarrenspiel gut an. Eingefleischte Punk-Rock-Fans dürften „Grauschleier“ von den FEHLFARBEN bereits kennen. Hier wurde sanft der MORGENTOT-Stempel aufgesetzt. Gute Umsetzung des Originals. Unüblich startet die Band bei „Zeitvertreib“, nämlich mit einem düsteren Pianospiel, schaurig schön. Doch nach bereits einer knappen Minute geht die Band wieder nach vorne los und bildet durch seinen Refrain eine wahre Mitsing-Hymne. Zum guten Schluss ist „Weg zur Insel“ auch der perfekte Rausschmeißer…doch weit gefehlt. Nach dem eigentlichen Song ertönt sogleich ein hübsches „Spieldosenlied“, das zur Überbrückung der nächsten vier Minuten dienen soll. Denn als Bonus haben sich die Jungs etwas ganz feines ausgedacht. Soll ich es verraten? Nee, eigentlich nicht, könnt ihr euch selbst anhören, wenn ihr euch die CD besorgt habt. Klar ist nur: Der Bonustrack rockt wie die Hölle!
MORGENTOT zelebrieren anspruchsvollen Punk Rock, ohne dabei dessen Klischees auf „Teufel komm’ raus“ zu erfüllen. Glaubenswert ist, dass die Musiker viel ihrer privaten Erfahrungen in die Musik einfließen lassen. Anarchie sucht ihr hier vergeblich…oder vielleicht doch nicht?
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