Morbid Angel - Blessed Are The Sick

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

Mit ihrem eigentlichen 1989er-Debüt “Altars Of Madness” – ein Album namens “Abominations Of Desolation” wurde bereits 1986 aufgenommen, mangels Zufriedenheit aber erst 1991 veröffentlicht – versetzten MORBID ANGEL dem jungen US-Death-Metal einen ordentlichen Kreativitätsschub und verhalfen dem Genre zu ersten kleinen Mainstream-Erfolgen. Insbesondere die selbstverständliche Unkonventionalität zählte zu den Stärken des Debüts. Obwohl man hören konnte, dass vor allem auf der B-Seite ältere Demo-Stücke zu hören waren, die der Komplexität der neueren Songs nicht ganz das Wasser reichen konnten.

1991: MORBID ANGEL perfektionieren sich.

Demo-Songs bzw. “Abominations …”-Material werden zwar ebenfalls auf dem zweiten Album “Blessed Are The Sick” verwertet, doch wirkt der Zweitling allein aufgrund seiner genialen Tom-Morris-Produktion ein gutes Stück geschlossener und homogener. Morris lässt MORBID ANGEL nicht nur mehr nach Death Metal, wie wir ihn heute kennen, klingen. Er führt die Band auch näher an ihre eigene, heute unverkennbare Identität, die wiederum deutlich machte, dass das Quartett aus Tampa, Florida mit “Altars …” keine Eintagsfliege war und sich als enorm einflussreich erweisen sollte.

Neben dem verbesserten Gitarren- und Schlagzeugsound singt auch David Vincent wesentlich tiefer und nimmt MORBID ANGEL so den letzten Rest angethrashter Schwärze des Vorgängers. Zudem haben sich die Viere spieltechnisch wahnsinnig verbessert – hier müssen wieder Gitarrist und Songwriter Trey Azagthoth und vor allem Drum-Wunder Pete Sandoval genannt werden, die ihren Instrumenten nie zuvor gehörte und schwer zu imitierende Salven entlocken.

“Blessed Are The Sick” – Der Name ist Programm!

Einen passenderen Titel hätten sich MORBID ANGEL übrigens auch nicht aussuchen können. Nackter Wahnsinn wurde schließlich kaum jemals formschöner ästhetisiert als auf “Blessed Are The Sick”! Seien es die kranken Riffs im unbarmherzigen Eröffnungs-Trippel “Fall From Grace”, “Brainstorm” und “Rebel Lands” oder das zähe Lavaschleichen in “Blessed Are The Sick/Leading The Rats” – dafür kennt und liebt man die Band; die Nachfolger boten bei aller Klasse in der Regel “nur” weitere Variationen dessen, was sie auf “Blessed …” kultivierte.

Neu hinzugekommen sind seinerzeit außerdem noch die später für MORBID ANGEL typischen Ambient-Intermezzi, wobei das von Gitarrist Richard Brunelle komponierte Akustik-Stück “Desolate Ways” besonders schön ist. Diese Zwischenstücke stören den Fluss des Albums keineswegs, sondern tragen zu seiner äußerst diabolischen Atmosphäre bei.

Kleines Death-Metal-Einmaleins

1991 war ohnehin ein Jahr, in dem Death-Metal-Klassiker im Wochentakt produziert wurden, doch “Blessed Are The Sick” sticht selbst unter diesen noch mal hervor. Es ist ein Album, das klar macht, warum MORBID ANGEL für über ein Jahrzehnt das Maß aller Dinge im Death Metal war: sie konnten spielen, aber sie waren auch brutal. Sie waren finster und auf kreativer Ebene innovativ. Aber wem erzählen wir das, schließlich gehört das Album zum absoluten Death-Metal-Grundwissen.

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10.01.2024

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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10 Kommentare zu Morbid Angel - Blessed Are The Sick

  1. doktor von pain sagt:

    Das, was Morbid Angel machen, machen sie sicherlich gut. Ich konnte mit der Band allerdings nie besonders viel anfangen, auch nicht mit „Blessed Are the Sick“.

  2. deadguy sagt:

    Kurz und schmerzlos: natürlich ein Klassiker und für mich persönlich besser als die Altars of madness.

    10/10
  3. Nether sagt:

    @doktor von pain
    Kann ich verstehen.
    Als irgendwann 1989 ein Bekannter das Debut in den höchsten Tönen lobte, konnte ich nach Anhören der Platte es nicht verstehen.
    „Blessed Are The Sick“ änderte daran nicht viel, wobei die Platte vermutlich die am häufigsten von mir gehörte von Morbid Angel ist.
    Wenn es auf Tonträger nicht klappt, kann es oftmals live bei mir richten.
    Das erste Mal war dann ’91 auf dem Dynamo Open Air und diverse Auftritte sollten noch folgen.
    Mehr als ein Schulterzucken war aber über all die Jahre nicht drin.
    Nimmt man dann noch dämliche Aussagen der Musiker, die Querelen der letzten Jahre und dieses akustische Verbrechen namens „Kingdoms Disdained“ von 2017, komm ich für mich zum Schluss: Ich brauch die Band nicht.

  4. metal-maniac sagt:

    Dann bin ich ja beruhigt, dass es nicht nur mir so geht. Dachte immer Morbid Angel wäre eine dieser Bands, bei denen man in den 90ern dabei gewesen sein musste, um die richtig wertschätzen zu können. Scheint aber auch keine Garantie zu sein 😉 Geht trotz mehrmaligem Antesten überhaupt nicht an mich ran. Von den späteren Alben mit seltsamen Industrial-Elementen und grausamen Schlagzeug-Sound ganz zu schweigen.

  5. Watu sagt:

    Den Backkatalog kenne ich zu meiner Schande noch nicht, ich war damals halt in erster Linie vom BM fasziniert. Wenn dieser aber auch nur annährend so geil ist wie Kingdoms Disdained, bin ich jetzt schon Feuer und Flamme dafür.

  6. Lysolium 68 sagt:

    @ Watu

    COVENANT!!!😍

    10/10
  7. destrukt. sagt:

    Über 10 Jahre das Maß aller Dinge? Eher nicht. Die ersten 3 Alben (A-C) sind zweifellos genre-definierende Klassiker mit dem klaren Peak bei der „Covenant“. Alles danach (D, F, G, H) ist maximal leicht überdurchschnittlich (F, G). Über I und K breitet man lieber den Mantel des Schweigens aus. Will sagen, man muss MA die Credits zugestehen, die sie verdienen, aber bei aller verdienter Lobhuldigung muss man auch realistisch eingestehen, dass die Band nach ’93 nur noch absolutes Mittelmaß ist und während Bands wie Death, Suffocation, Necrophagist oder Gorguts Mitte/Ende der 90er Boundaries pushen, MA ihre eigene Identität suchen.

    10/10
  8. Uninvited Guest sagt:

    @destrukt.
    Was du schreibst sehe ich weitestgehend genauso. Doch die ersten 3 (bzw 4) Alben strahlen sicherlich über die Zeit ihres Erscheinens hinaus, deswegen mag das „Jahrzehnt“ durchaus gerechtfertigt sein, auch wenn die nachfolgende Entwicklung, wie du schreibst, diesem Status nie wieder gerecht werden konnte.
    Blessed are the Sick ist jedenfalls auch mein favorisiertes Album dieser Ära, von vorne bis hinten ein Genuss und etwas dunkler als Altars. Covenant erreicht den Status der ersten 2 (bzw 3) Alben für mich nicht ganz, weil der Sound, den Flemming Rasmussen der Scheibe verpasst hat, mich auf Dauer etwas nervt. Was Jammern auf hohem Niveau bedeutet 😀

  9. Pumpkineater sagt:

    Ein wirklich tolles Album einer – ehemals – exzellenten Band. Das Cover-Artwork von „Altars Of Madness“ sowie die Gestaltung des Bandlogos gehören für mich noch immer zu meinen Favoriten. In musikalischer Hinsicht war „Blessed Are The Sick“ sicherlich der Höhepunkt, aber „Domination“ und „Illud Divinum Insanus“ waren ebenfalls klasse.

    9/10
  10. destrukt. sagt:

    @univitedguest
    „Doch die ersten 3 (bzw 4) Alben strahlen sicherlich über die Zeit ihres Erscheinens hinaus, deswegen mag das „Jahrzehnt“ durchaus gerechtfertigt sein“
    Weiß ich ehrlich gesagt gar nicht. Hab eher den Eindruck, dass Morbid Angel vor allem durch die Oldschool-Revival-Geschichte der letzten 10 Jahre deutlich an Relevanz gewonnen hat und dass das jetzt rückblickend etwas verklärt gesehen wird. Aber um da wirklich mitreden zu können, wie da die Wahrnehmung mitte der 90er war, dafür bin ich viel zu jung 😀