Schon faszinierend, dass eine Band ihre erste Veröffentlichung heutzutage noch als Demo bezeichnet – eine ziemliche Seltenheit sogar. Inzwischen veröffentlicht jede Band, ob auf Schülerband- oder auf professionellem Niveau mindestens eine EP. Den Begriff „Demo“ habe ich schon eine Weile nicht gehört. Vielleicht ist es gerade das, was bei mir die Neugierde für MORAR und “Chants Of Ossian” weckt. Einmannprojekt, Band, erfahrene Musiker, Herkunft? Unwichtig!
„Chants Of Ossian“ ist auch viel zu interessant um sich über solche Nebensächlichkeiten Gedanken zu machen. MORAR haben es einfach nicht nötig. Wo andere Bands mit markigen Sprüchen und Namedropping versuchen, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, lassen MORAR die Musik für sich sprechen und die ist wirklich gut! Es braucht einige Durchläufe, bis man den Detailreichtum auf „Chants Of Ossian“ wirklich erfasst und die wundervoll melodiöse Seite des sonst sehr traditionsbewussten Materials zu wirken beginnt. Bringt man die Geduld mit ein, eröffnet sich ein vielseitiges Klangspektrum, das hinter der Mittneunziger-Black-Metal-Fassade ein richtig gutes Songwriting beweist. Sehr dezent, beinahe verhalten geben MORAR der Lead-Gitarre viel Raum zum Atmen, setzen neben die schneidigen Riffs und unscheinbaren, aber sehr effektiven Tempowechsel nebulöse Abschnitte, die eine beinahe wärmende Wirkung haben. Mit „Thy Fame“ gibt es schließlich noch einen absoluten Höhepunkt zu bewundern, der an Intensität kaum zu überbieten ist. Der Song entpuppt sich als unerbittlicher Sog, der sich hypnotisch dahinträgt und als Gegenpol zum ohnehin schon hoch emotionalen Gekeife mit wundervollem Klargesang und dezentem Piano-Geklimper aufwartet.
„Chants Of Ossian“ ist eine Demo, deren Qualität manche Bands auch bei ihrer fünften Veröffentlichung nicht erreichen. MORAR haftet zwar der muffige Geruch der zweiten Black-Metal-Welle an, doch die Überzeugungskraft und die Fülle an Emotionen, welche MORAR direkt auf ihrer ersten Veröffentlichung aufbieten, habe ich selten erlebt – gerade in den letzten Jahren. Auch wenn nicht jeder Song so ein Glanzstück wie „Thy Fame“ ist, sollte „Chants Of Ossian“ auf einigen Einkaufszetteln ziemlich weit oben stehen.
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