Moonsorrow - Tulimyrsky

Review

Value for money – wie oft konnte man diese bedeutungsschwangeren Worte schon lesen, und wie oft hielten sie nicht das, was sie versprachen? Im Falle von MOONSORROWs EP „Tulimyrsky“ passt dies aber wie die Faust aufs Auge! Denn wer 68 Minuten feinsten Pagan Metals für den Preis einer MCD unters gierige Volk wirft, hat sich diesen Ausdruck redlich verdient, zumal so manch andere Band auch bei einem kompletten Album nicht mal ansatzweise an diese Spielzeit kommt. Doch was ja letztendlich zählt ist nicht die Quantität, sondern die Qualität. Aber da brauchen wir uns ja bei diesen Finnen eigentlich keine Sorgen machen.

Das Herzstück und das einzige richtig neue Lied dieser EP bildet das Namensgebende Opener „Tulimyrsky“, ein knapp 30minütiges, episches Monster von einem Song! Alleine schon die mit ruhigen, natürlichen Klängen, Hintergrundchor und einer tiefen, finnischen Erzählstimme gestaltete Einleitung dauert an die vier Minuten, wobei dank der unglaublich bezaubernden Atmosphäre niemals die Spannung verloren geht. Doch dieser langsame und beschauliche Anfang, welcher gehörig die Stimmung aufbaut und in welchem sich die Akustikgitarre gegen Ende hin etwas steigert, wird von einem jähen Schrei unterbrochen, und das Inferno bricht über dem Hörer zusammen! Alles ist laut, melodisch sägende Gitarren, wuchtiges Schlagzeugspiel, sehr flottes Tempo (Blastbeats!), ergreifendes Gekeife, ein Break, ein charismatisches „Uh“ (Hommage an CELTIC FROST?) und weiter geht’s im ICE-Tempo, ehe der starke Refrain einsetzt und die Geschwindigkeit wieder etwas runter genommen wird. Sänger Ville keift sich wirklich die Seele aus dem Leib, mein lieber Herr Gesangsverein! Im Laufe des Stücks wird das Tempo einige Male variiert, und auch die Melodien, die Chöre, Maultrommel sowie das Keyboard kommen stärker zur Geltung, ebenso einige akustische Einsprengsel, wie wir sie so sehr bei BATHORY lieb gewonnen hatten. Überhaupt finden sich in diesem gewaltigen, monumentalen und intensiven Brocken von Titelstück eigentlich alle Elemente, vom wüsten Black Metal bis hin zu den folkloristischen, symphonischen als auch progressiven Anklängen, welche den Sound von MOONSORROW ausmachen. Scheinbar spielend schaffen es die Heiden dabei, die Übergänge zwischen den verschiedensten Parts absolut fließend zu halten, so dass sich ein stimmiges Gesamtbild ergibt. Das Grande Finale ist noch mal einer der vielen Höhepunkte dieses Meisterwerks.

Weiter geht es mit einer Überraschung, denn „For Whom The Bell Tolls“ ist das erste englische Stück von MOONSORROW! Die Band wird in Zukunft nur noch auf Englisch singen, außerdem sind Texte über Naturkatastrophen, soziale Ungerechtigkeiten und Nuklearkrieg angedacht.

Das ist natürlich Quatsch, hierbei handelt es sich um eine Coverversion des METALLICA-Klassikers, aber was für eine! Die Nordmänner schaffen es nämlich auf ganz ausgezeichnete Weise, dem in diesem Fall getragenen und um an die 3 Minuten verlängerten Stück ihren eigenen Stempel aufzudrücken, inkl. Chöre, akustischen Einsprengseln, Keyboardmelodien und sägenden Gitarren. „For Whom The Bell Tolls“ funktioniert also auch als epische Pagan-Metal-Hymne, wer hätte das gedacht? Trotzdem bleibt das Original bei aller Liebe doch unerreicht, große Klasse versprüht das Cover aber dennoch!

Die beiden nächsten Stücke sind Neuaufnahmen alter Demosongs. Das treibende „Taistelu Pohjolasta“ war ursprünglich auf dem „Tämä Ikuinen Talvi“ Demo von 1998 und ist eine recht harte, dabei aber doch getragene Black/Pagan-Metal-Hymne mit garstigem Kreischgesang, schwarzmetallisch-klirrend riffenden Gitarrenwänden, variablem Schlagzeugspiel, Chören und teilweise recht dominanten Keyboardmelodien. Schon hier zeigte sich der Hang zu aufwändigen Songstrukturen, so durchlebt dieses Stück viele verschiedene Passagen.

Nur eine Spur weniger abwechslungsreich, dabei auch etwas ursprünglicher, direkter und archaischer zeigt sich „Hvergelmir“ vom 1997er „Metsä“ Demo. Und obwohl dieses Stück doch schon viele Jahre auf dem Buckel hat, beweist die Neueinspielung, welches ungeheure Potenzial schon damals in dieser Band schlummerte!

Ebenfalls auf ihre ganz eigene Art und Weise haben MOONSORROW den MERCILESS-Klassiker „Back To North“ interpretiert, welcher nun deutlich an Atmosphäre, Dramatik und Melodik hinzugewonnen hat.

Alleine schon der monumentale, detailreiche und absolut fesselnde Titelsong „Tulimyrsky“, „Feuersturm“ ins Deutsche übersetzt, rechtfertigt den Kauf dieser erstklassigen EP. Die folgenden Stücke können nicht ganz das hohe Niveau halten, sind aber ebenfalls wirklich sehr gut. In der Kürze liegt die Würze? Nein! Die spinnen die Finnen? Ja, wenn dabei solch hervorragende Musik rauskommt, dann dürfen die gerne spinnen! MOONSORROW sind und bleiben ein Garant für hochklassigen, dramatischen Pagan Metal mit progressivem Ansatz!

03.05.2008

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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