Monster Magnet - Mastermind

Review

Galerie mit 26 Bildern: Monster Magnet - Powertrip Tour 2020 in Berlin

Eine der besten Eröffnungen aller Zeiten boten uns die US-Rocker von MONSTER MAGNET 1998 auf dem Album „Powertrip“ am Beginn des Songs „Crop Circle“. Da war zunächst das eigenwillige Geräusch einer Gemengelage aus verschlungen sich räkelnden Damen, das lässige hemdsärmelige Riff, mit links in die Meute geworfen, sodann erwies sich Stehaufmännchen Dave (mit Sonnenbrille) in Hochform: „I Was Born Underwater, I Dried Out In The Sun I Started Humpin‘ Volcanoes, Baby, When I Was Too Young…“. Das achte Album nun dieser US-Legende um das letzte verbliebene Mitglied der Urband, Sänger und Chef Dave Wyndorf wurde Tanga-knapp „Mastermind“ betitelt und eröffnet mit „Hallucination Bomb“ heavy, nicht so anschmiegsam auf die goldene Mitte ausgerichtet wie die Einsteiger der letzten Alben, Lava schiebt sich voran, Doooom… Fuzz-Stoner-Sludge-Doom, gibt es das? Jetzt schon.

„Always Have The Best Hallucinations, Baby, Cobras And Fire“ flötet Dave mit seiner charismatischen Stimme, welche immer nachklingt, das berüchtigte „Aaaa-Haaa“ einflicht, wispert, atmet. Berechnung? Niemals, doch nicht mit Dave. In „Bored With Sorcery“ kommt er dann zur Sache. Hat ja auch lange genug gedauert, das Vorspiel. Das Tempo ist flott, die Nachbarin mit der Zahnspange verschwindet erstmal auf dem Rücksitz, sie ist neugierig, aber Daves Namen möchte sie schon vorher wissen. Er hat ihn gerade vergessen, so scheint es. In diesem Song spielt er die Lässigkeit seines Timbres voll aus. Der Blick auf das schlanke weiße Knie unserer Vorstadtbarbie war zuviel für ihn, nun will die Säge sägen. Die Soli flirren, es wird gepumpt, die Muskeln arbeiten, Schweiß allerorten.

„Dig That Hole“ zeigt, dass bei Dave auch Öl, Benzin und Whiskey in den Blutbahnen zirkuliert; manchmal gelangt es auf die Stimmbänder, in diesem Track z.B. „Gods And Punks“ ist wieder typisch MONSTER MAGNET: Die Leute von der Gasoline haben Groove, es muss am Tankvorgang liegen, da pulsiert es unterirdisch, strömt durch gummibewehrte Adern in die lechzenden Tanks der Cougars, Fleetwoods, Firebirds. „The Titan Who Cried Like A Baby“ glänzt ölig mit Kumpel Daves dunkler Verführerstimme, Hall, Atmosphäre, Geblinker aus dem All erinnert an frühe Bandzeiten, als der universale Drogenrausch den Normalzustand der Band, des Umfelds, des Zeitalters darstellte. Und warum eigentlich sollte Dope plötzlich keine Rolle mehr spielen?

Der Titeltrack „Mastermind“ bietet erneut das seit einigen Minuten sehnlichst erwartete, immer wieder effektive „Aaaa-Haaa“ (Erlösung!), was einfach regelmäßig kommen muss bei dem unter Hormonstress stehendem Mann mit Sonnenbrille, denn das ist schon eine Art Aussage, Mitteilung, wir wissen, wohin es geht, gehen muss. Nun hat er, während er die Kippe aus der Knautschpackung trickreich ins Innere der Rechten schüttelt, das Argusauge auf die High Heels der strengen Oberlehrerin des Vorortes werfen müssen, gut, auch die Nylons lockten den Blick, hielten ihn da fest, wo er nicht allzu lange verweilen darf, klar. Was muss die auch hier herumstelzen? Inzwischen hat die Nachbarin Zeit und Muße, sich zu sortieren, da setzt Dave zum nächsten Höhenflug an, einschmeichelnd einerseits, andererseits unendlich lässig, ein wenig geziert atmend, ein Umstand, der seine Wirkung nicht verfehlt, auch Frau Oberlehrerin zeigt nicht nur Interesse an Theorie, was ein Glück. Es wird geschmachtet, der Sieg ist sein. „100 Million Miles“ zeigt durchaus Affinität zu den Kollegen von ZZ TOP, MOTÖRHEAD und LYNYRD SKYNYRD, angereichert um Nuancen Psychedelic, Punk und Garagenmetal. Rotzrock der Generation Porno dagegen gibt es an diesem vernebelten Orte nicht, glücklicherweise. Hier ist man weiter, erwachsen.

Okay, musikalisch die Hosen runter, sonst auch, das ist das Prinzip. Staub, Schweiß, Öl, etwas Stoff, das ergibt ein gutes Gemisch. Tribaldrums, stampfender Rhythmus, fünfter Gang rein in den Firebird. Wir sind nicht in Indianapolis, egal, hoch die Serpentinen („Perish In Fire“). Soli, Soli, Soli… Da die Muskeln ohnehin ständig im Einsatz sind, braucht Dave wir kein läppisches Fitnessstudio, was fein stimmt. Die warme Stille in „Time Machine“ irritiert den weiblichen Teil der Reisebegleitung durch des Sängers plötzlich durchscheinende sanfte Grundhaltung. Übrigens besteht unsere Gruppe nun nicht nur aus den beiden oben erwähnten Damen, sondern noch einer Dritten, wohlgestaltet Brünetten, woher bloß? Egal, nicht schlecht jedenfalls, die Aussichten. Der Neuen könnte Dave beinahe die Wimpern abbeißen, so nah ist sie ihm.

Das tut er selbstredend nicht, stattdessen konzentriert er sich auf die nette Gesellschaft, denn der Abend hier draußen ist lang, der Himmel so nah, die Wolken seine Freunde, „Bummer“ wird das Leitmotiv der Nacht. Unvermeidliches Geschlängel zu „When The Planes Fall From The Sky“. Dieser schräg einfallende Song wie auch das atmosphärisch-swingende Finale „All Outta Nothin“ erinnern uns nochmals an alte MONSTER MAGNET-Großtaten stoffgeschwängerter Frühzeit. Auch unsere Freundinnen lassen nun einiges zu Boden purzeln; es gilt eilends, Farbe zu bekennen. Kurz noch ein, zwei „Ghost Stories“ erzählt, geflüstert, gehaucht, dann nur noch – atmen.

Am besten laut spielen, funktioniert auch mit Ehefrau, EINER Freundin oder wem auch immer. Geile Musik mal wieder von MONSTER MAGNET.

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20.10.2010

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1 Kommentar zu Monster Magnet - Mastermind

  1. Frank Cameron K. sagt:

    Das war mitunter eine der besten Kritiken die ich je gelesen habe, der Autor beschreibt es auf eigenwillige Art! (im Sinne von Kunst) absolut genial und das macht Laune.Vielen Dank dafür, schade dass er nicht mehr an Bord ist.