Møl - Diorama

Review

Soundcheck November 2021# 13 Galerie mit 32 Bildern: Møl – Copenhell 2023

MØL sind Meister der Täuschung. Befasst man sich das erste Mal mit ihnen, rechnet man wohl ganz und gar nicht mit dem, was einen auf dem zweiten Longplayer „Diorama“ erwartet. Nein, die Schnorresträger in Freizeithemden aus dem dänischen Aarhus lassen verträumten, vielleicht leicht progressiven Post-Rock in Richtung ihrer Landsleute von VOLA erwarten. Der Beginn des Openers „Fraktur“ bestätigt den Hörer auch zunächst in seiner Vermutung – bevor einem das garstige Gebrüll von Fronter Kim Song Sternkopf den Boden unter den Füßen wegreißt und passend dazu auch das plötzlich einsetzende Black-Metal-Riffing noch weiter in die schwarze Tiefe zieht.

MØL – Wildern in allen Genres

Natürlich, neu ist all das nicht, nicht wenige werden vermutlich abwinken und etwas von „nicht noch einer Hipster-Pseudo-Black-Metal-Band“ schwadronieren. Vielleicht sind MØL das ja sogar – aber wen kratzt das, wenn die Musik, um schon einmal ein wenig zu spoilern, über weite Strecken überzeugen kann? Die Band selber offenbar nicht, denn die Dänen spielen einfach, was ihnen passt, wildern dabei in so ziemlich allen Metal-Genres, setzen aber trotzdem auf erstaunlich knackiges Songwriting, statt sich in unendlichem Gejamme in überlangen Nummern zu ergehen.

Ein gutes Beispiel dafür ist eine der Vorab-Singles: „Serf“ punktet mit modernen Black-Metal-Screams, setzt aber andererseits auf Riffs zwischen MeloDeath und Thrash und clean gespielte Post-Metal-Leads und baut diese zu einem in sich schlüssigen Song zusammen. Dieses Rezept wird die meiste Zeit über aufrecht erhalten, allerdings immer wieder durch gute, teils genrefremde Einschübe ergänzt. Signifikante Ausbrüche finden sich vor allem in den zwei längeren Nummern am Ende des Albums.

Die garstigen High-Speed-Passagen in „Tvesind“ sind purer Schwarzmetall, wechseln sich aber gekonnt mit melodischen, atmosphärischen Parts ab und ergeben letztlich ein gelungenes Gesamtbild. Im Titelsong überschreiten MØL die Kitschgrenze allerdings deutlich, vor allem mit dem dieses Mal weniger zurückhaltend eingesetzten Klargesang im Duett, dem einfach nicht genügend Kontrapunkte gegenüber stehen. Auch insgesamt hält die Nummer einfach zu wenig zwingendes bereit und bildet damit einen ziemlich lauen Abschluss eines ansonsten durchaus gutklassigen Albums.

Eingängig, aber nicht leidenschaftlich – „Diorama“

MØL setzen auf „Diorama“ voll auf Eingängigkeit, alle Songs sind gespickt mit melodischen Einschüben, die selbst genrefremde Hörer direkt in ihren Bann ziehen können. Klar, Sellout mag hier der ein oder andere schreien und dann noch beim Genre-Riesen Nuclear Blast unter Vertrag. Aber kalkulierter Erfolg hin oder her – MØL machen ihre Sache verdammt gut und sind mindestens für Fans von allen Stilrichtungen mit vorangestelltem „Post-“ interessant.

Viel weiter gehen die Dänen allerdings nicht. „Diorama“ klingt – egal ob gewollt oder nicht – relativ klinisch und schafft es trotz toller Melodien und einiger Abwechslung letztlich doch nicht, so zu packen wie beispielsweise LANTLÔS oder KARG, die einfach viel mehr Emotionen mit ihrer Musik transportieren können. „Diorama“ ist ein leicht überdurchschnittliches Genre-Album, das technisch kaum zu beanstanden ist, dem aber am Ende ein wenig die Leidenschaft abgeht und das leider bereits nach einigen Hördurchläufen die ersten Abnutzungserscheinungen zeigt.

01.11.2021

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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17 Kommentare zu Møl - Diorama

  1. Watutinki sagt:

    Haha… wenn NB einen auf Kunst machen wollen, deren Horizont aber nur bis Eisregen reicht. :))

  2. Stormy sagt:

    Schreib doch einfach unter jede NB Veröffentlichung „NB ist doof!“.

  3. der holgi sagt:

    Dieser Song im Beitrag ist spannend, geht sehr gut ins Ohr, und das meine ich nicht abwertend, eher im besten Sinne treffsicher, lohnt sich damit zu beschäftigen

  4. onlythewindremembers sagt:

    Møl sind definitiv eine Bank im Blackgaze. „Jord“ war damals schon eine richtig geile Scheibe und die neuen Songs klingen bisher sehr vielversprechend. Bin mal auf die restlichen Songs gespannt.

  5. ClutchNixon sagt:

    BlackGaze via NB hin oder her, der hier präsentierte Song unterscheidet sich nicht wirklich von Screamo Bands wie Haste the day, wobei ich mich auf deren Anfänge in den frühen 2000ern beziehe. Wenn das ganze Album so klingt kann ich mir das gut reintun. Glaubt ihr nicht? Hier der entsprechende Link

    https://youtu.be/uJIpRlnaB9k

  6. doktor von pain sagt:

    Sie glauben, das sei frei erfunden? Falsch. Eine Band aus dem US-Bundesstaat Indiana hat bereits in den frühenden 2000ern ähnliche Musik gespielt. Bis zum nächsten Mal. Ihr Jonathan Frakes.

  7. ClutchNixon sagt:

    *palms face in despair*

  8. doktor von pain sagt:

    Ich mag schlechte Witze, da kann man nix machen.

  9. Watutinki sagt:

    „https://youtu.be/uJIpRlnaB9k“

    Oh man, diese Vocals muss man mögen. Mir ist das zu albern, aber natürlich Geschmacksache :))

  10. ClutchNixon sagt:

    Ich hab ja auch nicht behauptet nicht gelacht zu haben 😂

  11. nili68 sagt:

    Screams und Growls sind generell albern. Man muss schon einen Hang zum Trash haben. Ist wie mit B-Movies. Kann man mögen und peinlich wird’s nur, wenn man da etwas ernsthaft Bedrohliches drin sieht oder damit beeindrucken will.

  12. ClutchNixon sagt:

    Click bait 🙄

  13. Watutinki sagt:

    „Screams und Growls sind generell albern. Man muss schon einen Hang zum Trash haben. Ist wie mit B-Movies. Kann man mögen und peinlich wird’s nur, wenn man da etwas ernsthaft Bedrohliches drin sieht oder damit beeindrucken will.“

    Sehe ich etwas anders, Screams und Growls haben etwas animalisches für mich, etwas unangepasstes, bringen die nötige Würze und Härte in’s Spiel. Im besten Fall klingen diese völlig weltfremd. Was ich nicht mag ist, wenn wie Du schreibst, jemand damit beeindrucken will und das Ganze dann völlig überzieht/übertreibt, so wie Eisregen es tun, Møl oder die besagte Band aus dem Youtube Video.

  14. nili68 sagt:

    Richtig gute, künstlerisch wertvolle (oder so) Growls/Screams gibt es zwar, sind aber eher selten. Nicht selten ruinieren sie die an sich gute Musik und sind eher Selbstzweck, weil’s halt dazu gehört und krass klingen soll.
    Ich nenne jetzt keine Beispiele, weil’s nicht um bestimmte Bands gehen soll und natürlich ist das subjektiv, aber so sehe ich das.

  15. onlythewindremembers sagt:

    Wo sind die Screams denn überzogen? Sind halt einfach ein Ausdrucksmittel. Würdest du hier Klargesang oder ein reines Instrumental bevorzugen? Ich finde ehrlich gesagt, dass Kim seine Stimme bisher immer gut eingesetzt hat und es nie übertrieben klang. Aber naja, subjektiv und so, ne? Wie Nili schon sagte.

  16. Watutinki sagt:

    Wie gesagt Geschmackdsache. Für mich klingt’s, als würde sich da ein Zehnjähriger an derartigen Screams versuchem. Kann mir auch sehr gut Gollum darunter vorstellen, der sich an BM Screams versucht. :´))

  17. onlythewindremembers sagt:

    Ich muss sagen, dass mir das Album durchaus gefällt. Møl halten konstant ihr Niveau auf der Platte. Allerdings finde ich es bedingt schwächer als den Vorgänger. Ich kann mir nicht ganz erklären warum, da es eigentlich wirklich nichts zu meckern gibt. 8 Punkte ist es mir trotzdem wert. Vielleicht muss ich es einfach noch ein paar Mal hören.

    8/10