Misery Index - Traitors

Review

Kaum ein Album dürfte im Lager der modern extremen Kost derart heiß erwartet sein, wie die neue Platte der Amerikaner MISERY INDEX. Nach “Retaliate“ und “Discordia“ sollte die Klasse der Band bei jedem Interessenten deutlich geworden sein und durch die Split-CD mit MUMAKIL Anfang diesen Jahres wurde bereits mit der Wurst vor dem hungernden Hunde gewedelt, der mit “Traitors“ jetzt endlich richtig zubeißen darf. Ich bin mir gerade nicht sicher, ob ich es nun gerne tue oder nicht, aber es muss festgehalten werden, dass sich im Sound der Truppe seit dem letzten Werk etwas geändert hat. Doch keine Panik, trotz deutlich metallischerem Gesamtauftreten wurde das Qualitätsrezept gewahrt.

Der Reiz an MISERY INDEX war für mich immer die fließend ineinander übergehende Kombination aus groovigen Death Metal-Passagen und knallharten, teils gar chaotischen Grind-Ausbrüchen im modernen Soundgewand. Genau genommen hat das nicht nur den Reiz der Band ausgemacht, sondern das war deren Trademark und Wirkungsbasis. Man kann nicht soweit gehen und behaupten, das sei vollständig Vergangenheit, allerdings wurden die typischen Grind-Apokalypsen stark zurückgefahren, sodass auf diesem Album vornehmlich Metal regiert. Statt den seinerzeit noch vielen Grind-Elementen knallt einem nun für MISERY INDEX-Verhältnisse enorm eingängiger, aber dennoch brutaler, moderner Death Metal entgegen, der mit einigen neumodischen Stilmitteln angeregt ist. Hier und da vernehme ich auch wüste Metalcore-Einsprengsel, deren musikalisches Gewicht man allerdings keineswegs überschätzen sollte.

Die durchschnittliche Spielzeit einzelner Songs befindet sich auch diesmal wieder über charakteristischem Grind-Niveau, was für MISERY INDEX einerseits keine Neuerung und andererseits angesichts des frisch bearbeiteten Sounds durchaus angebracht ist. Dass neuerdings offenbar entschieden größerer Wert auf Eingängigkeit gelegt wurde, führt meines Erachtens an drei Stellen zu einem kleinen Stolperstein – und zwar handelt es sich hierbei um die Stücke “Traitors“, “Occupation“ und “The Arbiter“, die teilweise den Eindruck eines Schnellschusses erwecken. Im Gesamtkontext macht das allerdings nicht viel aus, da die anderen Songs größtenteils einmal mehr die Birne absägen, nebenbei ist mit “Thrown Into The Sun“ auch eine äußerst positive Überraschung gelungen, wo MISERY INDEX mit walzend schleppenden, nicht minder brutalen Klängen Zerstörung walten lassen.

“Traitors“ kann insgesamt als das etwas andere MISERY INDEX-Album durchgehen, das trotzdem schon kilometerweit nach den Jungs riecht. Sei es das immer noch wahnsinnige Drum-Geballer, das durchdringende Organ von Sänger Jason Netherton, das übrigens bei “Ruling Class Cancelled“ kurzzeitig von der gottgleichen Röhre Tomas Lindbergs abgelöst wurde, oder die typischen Hooklines – die Kapelle hat den Stempel ihres eigenen Namens vehement und aus meiner Sicht erfolgreich verteidigt.

28.09.2008
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