Miseration - Black Miracles And Dark Wonders

Review

Die Schweden MISERATION sind zurück! Das ist nicht selbstverständlich, denn die unzähligen Nebenprojekte von Christian Älvestam und Jani Stefanovic erlauben nicht immer Zeit, ein Fortbestehen der Band seit dem letzten Album „Tragedy Has Spoken“ vor über zehn Jahren war nicht ganz gewiss. Auf der anderen Seite war das Duo auch stets Kern des Projektes, konnte also Weggang der Mitmusiker durchaus verkraften. Nun also „Black Miracles And Dark Wonders“, auf dem sich Gottheiten und Kreaturen aus den verschiedensten religiösen und mythologischen Welten angenommen wird: Egal ob nördliches Ragnarök, mesopotamischer Schöpfungsmythos, die Kaballah, hier darf jeder mal herhalten.

„Black Miracles And Dark Wonders“ kommt mit neu gefundener Eingängigkeit und Mystik

Auffällig beim stets technisch wie melodisch ausscherendem Death Metal der Schweden auf „Black Miracles And Dark Wonders“ ist eine Rückkehr zu cleanen Refrains, die auch aus Älvestams Hauptband SCAR SYMMETRY berühmt-berüchtigt sind, wie auch eine neue symphonisch-orientalische Note im Sound, die an den letzten Output von SHADOW OF INTENT erinnert, aber auch Gedanken an mittelalte BEHEMOTH oder NILE aufkommen lässt, ohne jetzt natürlich plump eine Kopie derjenigen Bands zu sein. Ein wenig mehr Eingängigkeit zum doch noch sehr technischen Geprügel von „Tragedy Has Spoken“ scheint ebenfalls eingekehrt zu sein. Sicherlich nicht die schlechtesten Entscheidungen, waren die ersten beiden Alben von MISERATION hinsichtlich Eingängigkeit und im Ohr bleibenden Melodien doch wesentlich nachhaltiger, vor allem Debüt „Your Demons – Their Angels„, zu dem es ein wenig gegenüber dem „puren“ Death Metal auf „The Mirroring Shadow“ zurückzugehen scheint auf „Black Miracles And Dark Wonders“.

„The Seal Of The Eight-Pointed Star“ steigt noch ohne viel Brimborium aggressiv und nach vorne stürmed ein, aber bereits hier gibt es sowohl schwarzmetallisch beeinflusste Leads wie auch Orchester und Symphonik aus der Konserve und verleiht dem ganzen einen dezent epischen Touch, nicht gänzlich unähnlich zu Vertretern wie SEPTIC FLESH oder ROTTING CHRIST, ohne vielleicht ganz so eingängig und qualitativ hochwertig zu sein wie bei jenen Bands. Denn die Stärken von MISERATION liegen immer noch in der Kombination aus aggressivem Gemörtel und tollen Lead-Melodien, aber auch Älvestams Gesangseinlagen und abgrundtiefen Growls. Das gab es so in Ansätzen auch schon wie bereits erwähnt auf dem Debüt „Your Angels – Their Demons“ zu haben, aber hier ist das alles eine Nummer ausdifferenzierter und besser umgesetzt.

MISERATION sind stark zurück

Das umfangreiche und abwechslungsreiche „Reign Of Fate“ erzählt Fenris Rolle in Ragnarök nach, was man so schon unzählige Male bei AMON AMARTH und Co. gehört hat, aber soundtechnisch wahrscheinlich noch nicht so wie hier: Mit sehr amerikanisch beeinflussten Death Metal einerseits, andererseits orientalisch beeinflussten Leads und großen, clean angelegten Refrains, die so verflucht poppig eingängig geraten sind, dass sie auch gut zum ESC geschickt werden könnten. Eines der Highlights auf dieser Platte. „Desecrate, Dominate, Eradicate“ ist dann die darauf seinem Namen nachkommende Abrissbirne, auch wenn hier ebenfalls wieder Cleans vereinzelt mit dabei sind. Singleauskopplung „Enuma Elish“ kommt mit sehr schwarzmetallisch beeinflussten Leads daher, neuere Outputs von HATE kommen in den Sinn streckenweise.

Gerade in der zweiten Hälfte müssen ein wenig Abstriche in der Spannungskurve gemacht werden

„Fed by Fire/Led by Blood“  und „Kingdoms  Turned To Sand“, beschwören ebenfalls Wüstenatmosphäre durch zurückgenommenes Tempo, Orchestralik und cleane Gesangseinlagen auf. „Shah“ rast wieder ein wenig eingängiger durch die Gehörgänge, ehe mit „Connector Of The Nine Worlds“ dann noch einmal mit einem Longtrack entlassen wird. Leider ist insbesondere die zweite Albenhälfte ein wenig behäbig und teilweise auch gleichförmig geraten, vor allem „Kingdoms Turned To Sand“ und „Connector Of The Nine Worlds“, die beinahe durchgängig im Midtempo bleiben und beide auch noch lange Intros spendiert bekommen haben. Keine wirklich schlechten Tracks, aber innerhalb der Laufzeit doch ein wenig Abwechslung vermissend.

MISERATION sind nach dem etwas durchwachsenen „Tragedy has Spoken“ vor zehn Jahren wieder auf dem aufsteigenden Ast, bei gleichzeitigem Experimentieren mit ihrem Sound. Wer hätte ein symphonisch-orientalisches Album mit diesen Themenkomplex wirklich von MISERATION, die sonst in ganz anderen Gefilden unterwegs waren, auch erwartet? Grundsätzlich ist „Black Miracles And Dark Wonders“ gut geraten, allerdings versinkt die zweite Albenhälfte manchmal ein wenig zu sehr in der Beliebigkeit, wo ein wenig mehr Wagnis beim Ausprobieren der neuen Stilelemente und knackigeres Songwriting schön gewesen wären. Trotzdem können Fans von quasi allen oben genannten Vergleichsbands zumindest die Lauscher leihen und bei Gefallen auch die Kaufentscheidung tätigen.

15.04.2022
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