Minutian - Inwards

Review

MINUTIAN stammen aus Helsinki und spielen ihre Musik auf „Inwards“ im Stile etwas ruhigerer MASTODON oder der späteren THE END, falls die noch irgendwer kennt. Das bedeutet im Wesentlichen: Vergleichsweise langsames Tempo, krumme Takte, viel Atmosphäre, viele Emotionen, ruhige aber nie zu harmonische Instrumentierung und doch wird immer wieder gelärmt und das nicht zu knapp. Es gibt jedoch kein Gebrüll und kein Gekreische zu hören, stattdessen singt Mikko Heino mal mehr, mal weniger kräftig und passt sich dabei stets seinem musikalischen Umfeld an. Allerdings ist sein dezent nasaler Gesang sicher nicht jedermanns Sache und man merkt darüber hinaus, dass Heino (harhar) in den höheren Passagen manchmal an seine Grenzen stößt.

Die Band widmet das Album ihrem ehemaligen Gitarristen Jaakko Jernberg, der auf tragische Weise umgekommen ist, was den sehr sentimentalen Unterton von „Inwards“ erklären mag. Neben der Musik sind es natürlich auch die Texte, die die melancholische Stimmung transportieren: „Inwards“ handelt von einem Mann, der versucht, seine Gedanken unter Kontrolle zu bekommen, um das Schlimmste zu verhindern. Man kann den Lyrics in gewisser Weise eine (zumindest für die Band) therapeutische Wirkung zuschreiben. Darüber hinaus enthält das Album mit „Burning Bright“ und „Redeemer“ zwei Stücke, an denen MINUTIANs verstorbener Kamerad mitgewirkt hat. Diese fügen sich so nahtlos in das Gesamtbild ein, dass man – wenn man denn so pathetisch sein möchte – von dem Vermächtnis von Jaakko Jernberg sprechen kann.

Die einzelnen Stücke zeichnen sich durch abwechslungsreiches Songwriting aus. Einige Songs beginnen eher ruhig („Void Within“), andere eher aggressiv („Manifest“). Innerhalb der Stücke ändert sich die Stimmung allerdings immer wieder, sodass eine rege Dynamik herrscht. Daneben arbeiten die Finnen auch mit filigraner Percussion (wie im Mittelteil des einleitenden „Hollow Heroics“) oder zaubern gar richtige Gänsehautmomente aufs Parkett wie im überragenden „On Derelict Sidings“ oder im nicht minder grandiosen „The Crust Of The Earth“.

„Inwards“ bietet Musik, die man auf sich wirken lassen muss, zumal das Album trotz seiner Verwandtschaft zum Noise keine Scheibe zum Abgehen ist. Im Mittelpunkt steht die dichte und sentimentale Atmosphäre. Am besten hört man „Inwards“ an einem verregneten Abend im Sessel mit einem Glas Whiskey oder Wein in der Hand. Dann entfaltet „Inwards“ seine gesamte Wirkung. MINUTIAN erweisen ihrem Freund die letzte Ehre mit einem Album, das auf der einen Seite sehr fragil und sehr melancholisch wirkt, andererseits vor Kreativität und Charakter nur so strotzt. Die wenigen Problemchen, die die Scheibe hat, sind ob der oben erwähnten Atmosphäre schnell verziehen, da sich „Inwards“ auch dank seiner warmen, aber ausreichend dreckigen Produktion sehr gut und geschmeidig hören lässt. Fans modernen Progs oder der oben genannten Bands können bedenkenlos reinhören.

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20.02.2015

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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