Mind Ashes - Warcore

Review

„Death To Posers – Hail To The Oldschool“. Mit der einleitenden Positionsbestimmung auf ihrer Website beschleunigen diese fünf Hessen schonmal meinen biologischen Schlafzyklus. Meine Motivation, der Scheibe mit gesteigerter Aufmerksamkeit zu beglücken, sinkt zusehens. Weil ich mich aber gerade erst aus der Koje gequält habe und solch ein geistleerer Satz meinen Motivationsgefrierpunkt ja eigentlich nicht mal kitzeln kann, quetsche ich den Silberfanten in die Klinse – und wache auf! Ja was haben wir denn hier? Eine aggressive Bay Marburg Area-Pumpe wirbelt mächtig Schlamm auf und schwenkt die METALLICA- und TESTAMENT-Wimpel. Nach einer wunderbar peitschenden Minute voller wehmütiger Kindheitsbilder aus der Zeit, als Mama einst die fuchtigen Grimassen der Hetfield-WG mit Abba überplakatierte, folgt der erste halbwegs desillusionierende Schock: Die bemühten Vocals von Markus Schweitzer ringen um die dreckige Authentizität der imitierten Vorbilder, lassen es jedoch während des Shoutings an jeglicher Begnadung kranken. Der pflichtbewusst angestrebte, herbe Verzicht auf Effekte erweist sich spätestens bei Schweitzers Tonsuche in semi-cleanen Phrasen als beißender Rohrkrepierer. Während sich mir hier wirklich nach Fluchtergreifen zumute ist, klingen die gottlob überwiegenden Shouts „nur“ unglaubwürdig. – Ein angenehm wirkungsvolles Contra zu diesem Ausfall bietet gottlob die satte Instrumental-Macht und das – zumindest zur Hälfte – traditionell unspektakuläre, aber flott peitschende Riffing („Right Serverd“, „Hunting Season“). Bei diesem Thrash-Gebläse ist wirklich kaum die Kappe zu halten. Anders jedoch jene wohl als „Balladen“ gemeinten SloMo-Schlafkapseln, die teils durch Unrhythmik glänzen (ein schauderhaftes Gitarrensolo in dem ansonsten ansehnlichen, weil gesangverschonten „Tears of Acid“), oder aber leider immer wieder durch die unsicher überspielte Falschlage des Sängers zersägt werden. Die dennoch erkennbaren Melodien sind irgendwie schon immer im Kopf umherspukenden alten Bekannten entliehen – auch hier wird der Tradition knallhart konservativ Tribut gezollt. Und die im Info-Wisch zwanghaft beschworene Trendfreiheit behält natürlich nur solange ihre Gültigkeit, solange man auch die bewährten Feinbilder der Poser und selbstverständlich des – uhuu! – NewMetal künstlich am Leben hält. Erst so lässt sich offensichtlich Innovationsangst mit dem Stichwort „Traditionalität“ rechtfertigen. Letzerer fällt dann im allgemeinen auch die fraglos erkennbare Fachkenntnis der Instrumental-Fraktion zum Opfer, die mit etwas gesteigertem Reformdurst sicher zu weit spektakuläreren Sprüngen im Stande wäre. So flammend die Ambitionen der Band gewesen sein mögen, im Geiste der gefeierten „alten Tage“ ihr Süppchen zu kochen, so lauwarm kommt das Ergebnis bei mir als Hörer an.

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10.04.2003

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