Um es kurz zu machen: diese Platte ist genau viereinhalb Sekunden (!) lang erträglich, nämlich genau so lange, bis der Sänger mit dem ersten „Ooohooohooohooo ohoohoo oho! oho! oho! ohoohoohohoooo!“ einsetzt, und das ist bei Sekunde fünf im Intro. Es ist wirklich nicht zu fassen, aber alles, worüber ich mich gerne lustig mache, bewahrheitet sich bei diesem Vokalisten. Der Mann schafft es, gleich zu Beginn der Platte zwei Minuten lang durchzuohoen, und das hält kein Mensch aus. Danach singt er mit traumwandlerischer Sicherheit lettische Texte, und zwar genau einen halben Ton neben der sowieso schon schiefen Melodien.
Irgendwo dahinter gibt es eine Backingband, die ganz nette, völlig unscheinbare Begleitsongs zu diesem fürchterlichen Gesinge darbietet. Stilistisch würde ich das schlicht und einfach als „Metal“ bezeichnen. Ehrlich, für jede genauere Beschreibung bleiben die Lieder zu gleichförmig, variieren weder im Tempo noch in der Stimmung in einer Weise, die irgendwie interessant ist oder einen aufhorchen lässt. Eine Anzahl von Riffs, die andere Bands kaum jammen würden, zusammengeschustert, mit ein paar Melodien aus dem Keyboard verziert und mit (allerdings wirklich anständigen) Bassfiguren unterlegt, dazu gibt ein Schlagzeug den Takt an – das wars. Die relativ gute Produktion täuscht darüber hinweg, dass das Material absolut keinen Charakter hat und vermutlich sogar für den durchschnittlichen Fan des Paganmetals zu wässrig ist.
Tut mir sehr leid, vielleicht verstehe ich den tieferen Sinn an einem solchen Album nicht, aber ich kanns wirklich nicht ertragen, mir das Feierabendgedudel irgendwelcher Metalheads anzuhören. Das hat mit Kunst nichts zu tun, nicht mal mit schlechter.
„Terast mis hangund me hinge 10218” (Steel Frozen In Our Souls) ist die 2005er Wiederveröffentlichung des 1999er Debuts der letztjährigen Estonian Music Awards (der estische Grammy) Gewinner Metsatöll.
Textlich geht es um die Geschichte der Esten von der Altvorderenzeit bis in die Gegenwart und ihren Kampf, sie selbst zu bleiben, aus Sicht eines allgegenwärtigen Beobachters, aus der Sicht eines Wolfes. Dabei geht es natürlich um allgegenwärtigen Kampf und in die Herzen gefrorenen Waffenstahl und zum Widerstand geballte Fäuste.
"10218" ist eine Zeitangabe, ich habe aber keinen Schimmer, nach welchem Kalender die Herren da rechnen.
Musikalisch bewegt man sich irgendwo zwischen jüngeren Skyforger, alten Einherjer und Korpiklaani. Neben den üblichen Metallinstrumenten tauchen Zitter, diverse Flöten und Tröten und allerlei Trommeln auf. Die Texte sind allesamt auf estisch verfasst. Gesanglich bemüht man sich mit Chören und geflüsterten Passagen um Abwechslung, der Stimmumfang des Sängers ist begrenzt, aber soo schlimm, wie beschrieben, ist er nicht.
"Oma laulu ei leia ma üles", den Bonussong auf dem Album, möchte ich ob seiner Eingängigkeit hervorheben, "Hundiraev" und "Metsahiva" sind auch nicht übel und alle drei Songs kann man sich auf der Webseite der Band zu Gemüte führen, um sich selbst ein Bild von Metsatöll zu machen.
Grüße: der Herr Kröte