meth. - Shame

Review

Schauen wir uns doch zunächst einmal das Bandfoto an, das dem Promoordner des neuen, hier zu besprechenden METH.-Albums „Shame“ beilag:

meth.

Credit: Vanessa Valadez

Sind sie nicht putzig? Nun, genießt es, solange Ihr könnt, denn alle Freundlichkeiten und Liebeleien, die METH. (der Punkt gehört zum Namen) eventuell mit diesem Foto hätten andeuten könnten, hören schlagartig auf in dem Moment, in dem man auf Play drückt. Unmittelbar hiernach nämlich kommt der Opener „Doubt“ hereingestampft mit massiven, bis zur Schmerzgrenze verzerrten und donnernden Palm-Mute-Schritten frisch aus der Noise-lastigen Sludge-Hölle. Tatsächlich präsentiert sich der Zugang zur Musik der hier gegenständlichen Chicagoer als ausgesprochen fest vernagelt. Der musikalische Gehalt von „Shame“ mutet im Gesamten als der Versuch an, die Essenz der Hässlichkeit schlechthin mit hypnotisch dissonanten Math-Riffs und volatilen Rhythmen im Spannungsfeld zwischen Doom-Urgewalt und manischen Blastbeats in Klangform abzubilden.

Und was soll man sagen: Mission erfüllt!

Ihr wollt Harmonien? Kriegt Ihr aber nicht!

Diesem Quintett hier ist es offenbar vollkommen egal, ob Ihr, werte Leser, große Hooks, schöne Melodien oder magische Momente hören möchtet. „Shame“ ist ein Destillat purer, negativer Emotionen. Was wie ein Klischee klingt, um das nächste, X-beliebige Black-Metal-Album marktschreierisch zu bewerben, wird in den Händen dieser US-Amerikaner tatsächlich umgesetzt. Diese Band hier jedenfalls schreckt nicht davor zurück, beklemmende Emotionen ziemlich authentisch umzusetzen. Dass das nicht gerade eingängig, geschweige denn wohlklingend gerät, ist klar, ist aber auch nicht Ziel der Sache. Statt ästhetischer Mollharmonien warten hier dichte, atonale Riffwände auf die Hörerschaft, die sich monströs auftürmen und praktisch jegliche Versuche, sich das Dargebotene „schön zu hören“, im Keim ersticken. Hier zeigen sich die US-Amerikaner absolut kompromisslos, was die Atmosphäre von „Shame“ nur noch abartiger gestaltet.

„Shame“ ist ein Konzeptalbum, dessen zentrales Thema praktischerweise im Titel steckt. Einer der inhaltlichen Dreh- und Angelpunkte ist der Erfahrungsschatz von Sänger Seb Alvarez als – ich paraphrasiere die Presseinfo – Individuum mit undiagnostizierter, bipolarer Störung und Problemen mit Drogenabhängigkeit. Die titelgebende Schmach wird im Gegensatz zum Vollzeitvorgänger „Mother Of Red Light“, der mit fiktivem Sujet daher kam, aus diesem persönlichen Blickwinkel beleuchtet, auch wenn man kraft der die Stimmbänder bis aufs Äußerste strapazierenden Schreie von Alvarez ohne Lyric-Sheet nicht wirklich viel davon mitnimmt. Doch die absolut lebensfeindliche, dissonante und durchweg abrasive Instrumentierung leistet integrale Beinarbeit, um „Shame“ etwas abgrundtief Beklemmendes und Verstörendes zu verleihen.

METH. liefern ein musikalisches Destillat purer Hässlichkeit ab

Nur gelegentlich kehrt wie auf „Give In“ mal so etwas wie Ordnung in den Sound ein, einem Song mit vergleichsweise regelmäßiger, oder auch: leicht nachvollziehbarer Rhythmik. Auch werden die Ohren der Hörerschaft hier nicht so derartig penetrant ins Kreuzfeuer genommen, stattdessen lassen METH. (der Punkt gehört zum Namen) ihren Sound sogar mal mit reichlich Freiraum im Äther schwelen (erinnert etwas an die beklemmenderen Momente von JAAW), nur um ihn dann im klimaktischen Schlussteil mit angedeuteten Melodiefetzen regelrecht aufblühen zu lassen. Zu Beginn von „Cruelty“ sowie im Titeltrack ertönt sogar mal die klare Stimme von Alvarez. Doch bietet er selbst in Zimmerlautstärke „singend“ keine Oase der Eingängigkeit, sondern nutzt seine Spoken-Word-artige Darbietung eher, um die Thematik in gedämpfter, aber nicht minder eindringlicher Manier zu repetitiv lärmenden Krachwogen zu inszenieren, einer gewissen, nicht zu benennenden Band nicht ganz unähnlich.

Drum herum liefern METH. (der Punkt gehört zum Namen) abrasive Kost, die wirklich nichts für schwache Nerven oder Schöngeister jedweder Art ist. Teilweise fragt man sich, wie man so etwas überhaupt schreibt oder ob die Band in einem Anflug kollektiver Misanthropie einfach so einen sperrigen, abscheulichen Klumpen rauskotzt. Dass „Shame“ dabei durchweg spannend bleibt, ist der instrumentalen Behändigkeit und Alvarez‘ viszeraler Gesangsdarbietung zu verdanken. Wenn man erst einmal durch den Lärm durchdringt, entdeckt man interessante Texturen wie Gitarren, die dem zentralen Thema getreu gerne Spiralen auf- oder abwärts beschreiben, im Falle von „Blush“ wahlweise auch oszillierend in beide Richtungen. Auch entwickelt man einen Respekt vor der durchweg unbehaglichen Atmosphäre, welche die Chicagoer heraufbeschwören. „Shame“ ist die pure, destillierte Hässlichkeit, pure negative Emotion in Klangform und ein Album für all jene, die diese Empfindungen jenseits aller Sadboy-Ästhetik mit voller Wucht auf die Löffel getrümmert bekommen möchten.

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30.01.2024

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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11 Kommentare zu meth. - Shame

  1. noehli69 sagt:

    Phff, stellt sich mir die Frage: Warum?
    Paar schräge Sachen hab ich auch im Regal aber das ist echt ne Hausnummer.
    Wenn der Michael hier 8P vergibt, heißt das wohl er hat sich das min. einmal in Album länge gegeben, Hut ab dafür !
    Hab nicht mal den verlinken „Song“ geschafft. Nichts daran animiert mich dem mehr Zeit zu schenken.

  2. nili68 sagt:

    Vermutlich muss man das als geschulter Musiker hören und genau wissen, was da passiert, oder man liebt einfach das Chaos und lässt das emotional wirken. Bei Letzterem finde ich mich zum Teil in der entsprechenden Stimmung durchaus wieder. Natürlich ist das keine 24/7-Mucke..

  3. Watu sagt:

    Das hier läuft übrigens auch unter Hardcore / Grindcore.
    Tut mir echt leid, dass ich verstehen wollte, wieso so etwas hier unter der gleichen Genre Bezeichnung läuft, wie das träumerische Casey.
    Für mich sind Genre Kategorisierungen sehr wichtig, da ich sehr viel Musik höre, genau weiss was ich mag und so deutlich gezielter das finde, was ich hören möchte.

    Um noch was inhaltlich beizutragen, finde ich meth. persönlich sehr geil und die 8, vielleicht sogar mit der Zeit 9 Punkte absolut nachvollziehen kann.

    8/10
  4. Hans Völkel sagt:

    @Watu
    Kannst du es jetzt bitte gut sein lassen. Wir haben den Kommentarbereich unter einem anderen Album nicht geschlossen, damit hier nun das selbe Fass erneut aufgemacht wird. Man muss auch nicht immer das letzte Wort haben! Und bevor sich hier wieder jemand genötigt fühlt, einen abfälligen Kommentar abzusetzen, das ist jetzt wirklich die letzte Warnung an ALLE Beteiligten.

    Um aber deine Frage bezüglich unserer Genre-Einteilungen zu beantworten. Wir haben in unserem Backend verschiedene Oberkategorien wie z. B. Heavy Metal, Black Metal oder eben Hardcore/Grindcore. Das sind die Genres, die ihr auf unserer Hauptseite in der Review-Übersicht seht. Diesen Oberkategorien sind verschiedene Subgenres zugeteilt (Power Metal, Epic Metal/ Melodic Black Metal, Atmospheric Black Metal oder eben Mathcore, Post-Hardcore etc.), diese findet man dann unter der Rezension im Absatz „Stile“. Nein, ich weiß nicht warum das genau so eingeteilt ist. Tatsache ist aber, dass wenn man unsere Rezensionen bis zum Ende liest, man früher oder später auf eine genauere Genre-Einteilung stoßen wird. Ich hoffe, dass Unklarheiten dahingehend nun beseitigt sind.

  5. Se Wissard sagt:

    Danke, Hans, fürs klarstellen. Wer es genauer wissen will, liest entweder die Rezension oder eben unten bei Stile.
    Manche der Überbezeichnungen, die man auch nur so richtig auf der Startseite lesen kann, sind manchmal unglücklich gewählt, mangels Alternativen. Die Seite hat diese Bezeichnungen schon immer irgendwie und ich kann mich noch an eine Diskussion erinnern, wo eine Band (war es Heilung?) unter Gothic Metal/Mittelalter drin war.
    Dass man über Genres diskutieren kann, ist logisch, da sich vieles ja auch mischt. Die neue Chapel of Disease unter Death Metal einzuordnen, ist ja so an sich jetzt mittlerweile auch schwierig, aber worunter sollte man es sonst einordnen, wenn die paar Genres die Vorgabe sind für die Startseite?
    Ist Belphegor Black oder Death Metal? Irgendwo beides, aber eins muss man ja auswählen und da Hellmuth die Band eher als Death Metal ansieht, würde das Genre (und dieses nur für die Startseite!) dementsprechend gewählt werden.

    Genau das, dass man unter einer anderen Platte die gleiche Diskussion aufmacht, kommt eben nicht gut an, Watu. Das könnte man dann schon durchaus als „ein Fass aufmachen“ bezeichnen. Dass das einigen Mitschreibern hier sauer aufstößt mag sein, dass die Stimmung so Anti-Watu ist, ist aber auch der langen Zeit geschuldet, die das jetzt schon passiert. Dass Menschen da genervt reagieren, ist da irgendwo auch logisch. Und dass inhaltlich nicht mehr drauf eingegangen wird ja doch auch.

    Manchmal würde es reichen, wenn man sich einfach nicht inflationär zu Allem äußert. Das hat gar nichts mit „Mund verbieten“ zu tun, sondern mit dem Social-Media-Umstand, dass Manche es mit Spam bzw. ihrer Meinungsäußerung massiv übertreiben.

    Das waren nun meine paar Cent dazu. Bleibt zusammen friedlich und übertreibt es einfach nicht, vielleicht wird dann hier wieder etwas „Normalität“ einkehren.

  6. Hans Völkel sagt:

    Was Se Wissard sagt! Damit möchten wir das Thema nun aber auch als abgeschlossen ansehen. Danke!

  7. Watu sagt:

    Ich muss nicht das letzte Wort haben und ich will euch auch nicht nerven und ich verstehe auch euer Problem. Aber eine Frage zu einer Genre Einordnung zu stellen ist kein Fass und auch keine abfällig Äußerung, es ist eine normale, sachliche Äußerung. Wenn ich hier keine Frage mehr zu einer Genre Kategorisierung äußern darf, dann könnt ihr mich auch gleich bannen. Kommt letztlich auf das Gleiche heraus.

    Der Thread wurde nicht geschlossen, weil ich eine Frage zur einer Genre Kategorisierung gestellt habe, sondern weil sich immer die gleichen Leute persönlich abfällig äußern. Und zwar UNABHÄNGIG DAVON was ich schreibe.

    Also deswegen rein und sachlich zum Thema Genre Kategorisierung:
    Danke für die Erläuterung. Wenn ich die Aussage richtig verstehe, passen die Genre Kategorisierungen nicht immer richtig und man kann sich daher nicht immer darauf verlassen, sondern muss sich halt den Text zu Gemüte führen. Was bei der Fülle an Veröffentlichungen natürlich nicht immer möglich ist.
    Ich fand es interessant zu lesen, wie Post Hardcore hier definiert wurde und was einige Leser darunter verstehen. Ich hätte es aus meiner Unerfahrenheit heraus ganz anders definiert. Zu meth. passt es eher, aber auch hier.. naja. Für mich war das eine Anregung mich mal näher mit dem Begriff „Post“ zu beschäftigen. Ich fand diese Infos von denen die sie mir gegeben haben hilfreich.

  8. Hans Völkel sagt:

    So Watu,
    ein allerletztes Mal, weil es scheinbar nicht bei dir ankommt:

    1. Warum ein Kommentarbereich geschlossen wird, bestimmen immernoch wir, NICHT du.
    2. Du solltest dir wirklich einmal an die eigene Nase fassen und überlegen, wie dein Kommentarverhalten nach außen wirkt. Auch ein sachlich formulierter Punkt kann tierisch auf den Keks gehen, wenn er immer und immer wieder durchgekaut wird. Das betrifft nicht unbedingt das Thema Genreeinteilungen, andere Themen aber sehr wohl und das seit Jahren. Dass einige Leute hier deshalb inzwischen eine sehr kurze Zündschnur haben, ist nicht schön aber auch nicht ganz unverständlich. Zu Auseinandersetzungen wie sie sich zuletzt häufen, gehören immer mindestens zwei Leute.
    3. Dass diese Leute darüber regelmäßig die Contenance verlieren ist indiskutabel. Wir sehen zu, dass wir derartige Kommentare löschen sobald wir sie sehen und du kannst dir sicher sein, dass es auch für diese Leute Konsquenzen geben wird, wenn sich dieses Verhalten nicht ändert.

    Denk mal drüber nach und sieh bitte von einer weiteren langen Antwort oder Rechtfertigung ab. Das ist jetzt das letzte Mal, dass ich mich dazu äußere und ich hoffe, es ist irgendwie angekommen.

  9. Watu sagt:

    Nur Du/Ihr entscheidet das! Aber ich war davon ausgegangen, dass es nicht verboten ist eine Frage zur Kategorisierung eines Albums zu stellen.

    Ja ich fasse mir an die eigene Nase, ich weiss was du meinst.
    Aber ich weiss auch, dass es hier Leute gibt, die andere Meinungen nicht akzeptieren und mich dafür immer wieder persönlich angehen. Ein gutes Beispiel war ja der geschlossene Thread. Mir ging es letztlich nur darum zu verstehen, was man unter Post Hardcore versteht. Ich wüsste in dem Fall nicht, warum ich da persönlich angegangen werden sollte.

    Aber vielleicht sind die Sinne ja jetzt dafür geschärft, wie es zukünftig nicht mehr laufen sollte. Nicht nur bei mir, sondern auch bei allen anderen Beteiligten.

    Ich respektiere die Regeln, ich respektiere die metal.de Crew und alle Leser. Aber nur so lange ich nicht immer wieder von den gleichen Leuten persönlich, unsachlich angegangen werde.

  10. Hansi sagt:

    @Hans Völkel
    Könntet Ihr bitte den geschlossenen Thread wieder öffnen bzw. die Kommentare einfach wieder sichtbar machen und so allen die Möglichkeit geben, sich selbst ein Bild zu machen, worum es tatsächlich ging, woran sich die Kritik tatsächlich richtete und wer tatsächlich die verbale Kinderstube verloren hatte, wenn hier schon ständig auf diesen Thread Bezug genommen wird und aktuell doch ein ziemlich schiefes Bild entsteht. Wäre nett.

  11. Hans Völkel sagt:

    @Hansi
    Sorry, aber das werden wir nicht tun. Erstens wurde ein großer Teil der betroffenen Kommentare bereits gelöscht bevor wir uns gezwungen sahen, den Kommentarbereich zu schließen. Zweitens soll es auch nicht um weitere Schuldzuweisungen und Zurschaustellungen gehen, aus denen dann weiterer Zoff entsteht. Ihr könnt euch gerne weiter an der schönen Rezension erfreuen, unsachliche Diskussionen gibt es an anderer Stelle im Internet und im Trash-TV zur Genüge.

    Es geht dabei auch gar nicht nur um diesen einen Thread, sondern um verbale Auseinandersetzungen, die sich in letzter Zeit immer wieder häufen und nichts mehr mit dem eigentlichen Thema zu tun haben. Jeder der Betroffenen wurde nun in irgendeiner Form mindestens einmal ziemlich unmissverständlich angesprochen und wenn es wieder vorkommt, dann werden gewisse Leute hier in Zukunft schlichtweg nicht mehr kommentieren können. Verhindern lässt sich das, in dem man vielleicht einfach mal kurz nachdenkt, ob das Geschriebene jetzt wirklich so sein muss, bevor man „Kommentar abschicken“ klickt.

    Ich möchte jetzt auch nicht weiter die Rezension vom Kollegen Klaas für diese Diskussion kapern, also bitte zurück zum Thema.