Metallica - Reload

Review

Mit dem „Black Album“ schossen METALLICA 1991 an die Spitze der Musikwelt. Die musikalische Kurskorrektur, hin zu radiokompatiblem Hard Rock, hat ein Teil der Fangemeinde allerdings nicht gerade begeistert aufgenommen. Das fünf Jahre später erschienene „Load“ ging diesen Weg konsequent weiter. Die Band entfernte sich weiter vom Metal und ließ auch Einflüsse aus Blues, Country und Southern Rock zu. Viel anders verhält es sich auch nicht beim Nachfolger „Reload“, der in der gleichen Session aufgenommen wurde.

Eröffnet wird das Album von „Fuel“, einer saucoolen Uptempo-Nummer, die mit einem starken Refrain und catchy Gitarrensolo aufwartet. Danach folgt mit „The Memory Remains“ eine schleppende Nummer, die von einem Riff eingeleitet wird, dass sich sofort in den Ohren festbeißt. Gesangliche Unterstützung liefert hier Mick Jaggers Ex-Freundin Marianne Faithfull. Ihre Gesangslinie wird noch heute lauthals auf METALLICA-Konzerten mitgesungen.

Ein weiteres Highlight ist „The Unforgiven II“. Das aufklingende Horn am Anfang ist eins zu eins aus dem ersten Teil übernommen. Abgesehen davon greift der Song musikalische und lyrische Themen von „The Unforgiven“ wieder auf. Trotzdem hat das Stück eine sehr eigene Note. Es ist weitaus weniger melancholisch als das Original und verbreitet eine hoffnungsvolle Atmosphäre. James Hetfield klingt hier fast schon wie ein netter Märchenonkel. Danach überzeugt „Better Than You“ mit einigen Breaks und einer griffigen Hookline im Refrain.

Was bleibt METALLICA-Fans sonst noch?

Damit haben wir die gelungenen Single-Auskopplungen des Albums durch. Wie steht es also um den Rest von „Reload“? Im Gegensatz zum Eröffnungs-Doppel finden sich die übrigen Songs des Albums nur noch selten im Live-Set von METALLICA wieder. Anscheinend hat nicht einmal die Band selbst sonderlich viel Vertrauen in das Material. Zu Recht? Schauen wir mal! Ein Song wie „Devil’s Dance“ zieht sich über fünf Minuten in die Länge, ohne auf den Punkt zu kommen. Auch „Slither“ rockt zwar nett vor sich hin, kann aber kaum mitreißen und wirklich hängen bleibt ebenfalls nichts. Zudem sind viele Tracks vom „Klingt-alles-gleich“-Syndrom geplagt. Fast jeder Song auf „Reload“ ist schleppend geraten oder im Midtempo-Bereich angesiedelt. Mit Ausnahme von „Fuel“ drücken METALLICA nicht ein einziges Mal auf’s Gaspedal.

Keine Besserung in Sicht

Daran ändert sich auch in der zweiten Albumhälfte nichts. Einzig „Prince Charming“ und „Attitude“ gehen zumindest ein wenig nach vorne. Noch dazu fehlen den meisten Songs wirklich eingängige Riffs. Griffige Hooklines seitens des Gesangs sind ebenfalls rar gesät. Die Energie der frühen Bandtage sucht man ebenfalls mit der Lupe. Dafür experimentieren METALLICA allerdings an der Soundfront. In „Bad Seed“ wird der Gesang verfremdet. Einmal kommt auch ein Vocoder zum Einsatz. Zudem kann Kirk Hammett den Fuß kaum noch vom Wah-Pedal lassen. Hat er diesen Effekt auf früheren Alben noch bei vereinzelten Songs eingesetzt, um besondere Akzente zu setzen, kommt das Wah auf „Reload“ bei gefühlt jedem Solo vor.

Genau wie sein Zwilling „Load“ ist „Reload“ ein sehr durchwachsenes Album. Die Experimentierfreude der Band kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass METALLICA nur wenig Songs im Gepäck haben, die wirklich hängen bleiben. Auch von der Energie der ersten fünf Alben ist nur noch selten etwas zu spüren. Ein kompletter Reinfall ist die Platte vor allem dank einer Handvoll starker Songs nicht. Von den früheren Großtaten der Band ist „Reload“ allerdings meilenweit entfernt.

24.05.2017

"Irgendeiner wartet immer."

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