Mental Care Foundation - III

Review

Soundcheck Mai 2022# 23

Mit Albentiteln wie „Alcohol Anthems“ und „Hair Of The Dog“ möchte man ja meinen, dass die Finnen MENTAL CARE FOUNDATION irgendwie versuchen, zu den Alcoholic Thrashern TANKARD aufzuschließen. Aber tatsächlich klingen die Finnen deutlich amerikanischer. Anfänglich als SLAYER-Coverband gestartet, haben die Finnen die zwei genannten Alben um 2005 und 2006 herausgebracht, bevor es lange Zeit relativ still geworden ist. Ein einzelner Song zwischenzeitlich zeigte zumindest, dass man irgendwie noch existiert. Aber es sollte noch bis 2022 dauern, bis das schlicht „III“ betitelte neue Album nun endlich doch erscheinen sollte. Ist da jemand etwa heimlich ausgenüchtert? Zumindest sind die Promille-Referenzen ja aus dem Albumtitel verschwunden.

Naja, so einfach kann man das dann vielleicht doch nicht über den Kamm scheren, schließlich haben Pasi Kauppinen und Henrik Klingenberg u. a. mit SONATA ARCTICA ja auch eine sicher nicht ganz unbekannte Verpflichtung, die sie in der Zwischenzeit gut gebunden hat. Zudem mixen drei der vier Herren noch bei WINTERBORN mit. Es gab also eine Menge zu tun für das Quartett, was dafür sorgte, dass man musikalisch wenigstens nicht zwischenzeitlich eingerostet sein durfte. Was bedeutet das aber für den Thrash der Herren? Schließlich ist Power/Melodic Metal durchaus eine Ecke entfernt vom entfesselten Geknüppel, zu dem man sich gerne mal die frisch geleerte Bierdose rülpsenderweise gegen die Stirn recyclet.

MENTAL CARE FOUNDATION erwachen aus dem Dornröschenschlaf

Nun, wer jedenfalls Thrash nach US-amerikanischem Vorbild mit Faible für das Südstaatliche bevorzugt, ist heuer bei den Finnen genau richtig. Denn die Herren hauen einen recht Groove-Metal-lastigen Thrash vom Zaun, dessen Riffs teilweise schon eine ziemlich torfige NOLA-Luft schnuppern. Allerdings, das sei vorweggenommen, thrasht es sich dann doch etwas zurückhaltender als bei, sagen wir mal: EXHORDER, die ja doch noch recht knüppelhart zuhauen können. MENTAL CARE FOUNDATION hauen zwar durchaus ein paar zackige Backbeats raus, die sind aber bei weitem nicht so straff gezogen wie bei der Konkurrenz, sondern lassen immer etwas Luft zum Atmen und klingen dadurch etwas rockiger. Allerdings wird auf dem Rausschmeißer „Aiming For You“ dann doch mal etwas beherzter geknüppelt.

Das ist prinzipiell gut, denn dadurch hört sich „III“ recht elegant herunter. Ein großes Problem, das „III“ aber definitiv hat, ist der Gesang von Henrik Klingenberg, der irgendwie nicht die gleiche Aggression inne hat, um einen doch recht knüppelfreudigen Song wie „Watch The Water Rise“ beispielsweise treffend zu begleiten. Seine melodische Hook wiegt das leider nur unzureichend auf, auch wenn er durchaus die richtige Stimme dafür hat. Er klingt in Ermangelung eines besseren Wortes einfach desinteressiert. Wo er dann allerdings übers Ziel hinaus schießt, ist „Burn It Down“, wo man das Gefühl bekommt, dass er einfach nur granatenmäßig zugedröhnt ist. Es ist also nicht mal, dass die Musik schlecht wäre – ist sie nicht. Es ist einfach Klingenberg, dessen Darbietung nicht intuitiv in den Sound eingebettet ist.

Der groovende Thrash hätte mehr Biss in den Vocals nötig gehabt

Wo er mal richtig gut funktioniert ist erstaunlicherweise die Ballade „Until The End“. Gerade die mehrstimmig gesungen Hook, in der die Background-Vocals die nötige, harmonische Untermalung für Klingenbergs Geraune bietet, ist richtig großartig. Der Song fühlt sich geringfügig deplatziert innerhalb der Trackliste an, da er mehr Southern Rock-Vibes inne hat, macht als ungewöhnliches Highlight der Platte aber durchaus was her. Das mit der Hook klappt vor thrashigerem Backdrop später bei „Blind“ noch einmal richtig gut. Es ist erstaunlich, so etwas auf dem gleichen Album zu hören, auf dem sich auch ein „Hate Yourself“ befindet, in dem er wieder so klingt, als ob er seine Lyrics beim First Take und ohne vorige Rehearsals gerade eben schnell abgelesen hätte.

Es ist nicht so, dass MENTAL CARE FOUNDATION einen revolutionären Groove-Thrash abfeuern würden. Dadurch, dass er eben nicht so straff gezogen ist, könnte er möglicherweise etwas lahm rüberkommen. Hinzukommen vereinzelte Schnitzer wie beispielsweise das Ende von „Shot & Beer“, das einer der faulsten und schlechtesten Fadeouts enthält, die unsereins seit langem jenseits amateurhafter DIY-Alben gehört hat. Aber er klingt dank enormer Rotz-Anreicherung doch erdig und anständig, sodass es hier am wenigsten zu meckern gibt. Das Problem ist einfach der Gesang, der sehr viel Potential verspielt. Dadurch macht „III“ selten den Eindruck, mehr als ein Hobby-Projekt zu sein, das keiner der Beteiligten so richtig ernst nimmt. Es macht ausreichend Spaß, dass man sich die Scheibe mal gönnen kann, aber etwas mehr Biss hätte man sich schon wünschen können.

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01.05.2022

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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