Memorioquia - Auradeutung

Review

Neben Soundtracks und Scores gibt es ein weiteres, spannendes Feld für experimentelle Musik: Kunstaustellung, und genauer gesagt, die musikalische Untermalung der ausgestellten Kunstobjekte. Feldaufnahmen, einfache Geräuschbeschallung und Noisekulisse für die gesamte Ausstellung (zwei große Namen seien genannt: Geir Jenssen aka BIOSPHERE und Steven Stapleton aka NURSE WITH WOUND) sind möglich, oder auch Musikstücke für einzelne Kunstwerke.

„Auradeutung“ widmet sich einer Ausstellung der australischen Fotografin Sarah Ward. Dabei haben MEMORIOQUIA zehn dieser Bilder mit ihren Klangwelten Leben eingehaucht. Das australische Projekt besteht aus Jonathan Carroll und Prof. B. Basely, die ansonsten in ihrer Dark-Folk-Band MEMORIA tätig sind.
Im Gegensatz zu dem Stil, dem sie dort frönen, hört man auf „Auradeutung“ vor allem Ambient- und Noise-lastige Stücke, die aber keineswegs nur im Hintergrund wabern. Sie sind ein völlig gleichberechtigter Bestandteil der Bilder, zu denen sie Geschichten erzählen und das innere Auge des Betrachters anregen. Egal ob festgehaltene Situation, inszenierter Moment oder ein zeitloses Stilleben: In Einheit mit der Musik entwickeln sie ein Eigenleben, welches über die dimensionalen Grenzen des Bildes hinausgeht.
Zum Beispiel „Last Stop“, auf dem ein Auto vor einem Haus steht. Die Musik zeigt plötzlich einen Weg ins Bild hinein und aus ihm heraus, eine Geschichte bei der Dinge sichtbar werden, die mit bloßem Auge nicht erkennbar sind und vom Foto selbst auch nicht gezeigt werden. Wer sieht schon auf den ersten Blick, wer das Auto dort abgestellt hat, wem das Haus gehört, wer dort wohnt, wo die ganze Szenerie überhaupt einzuordnen ist..?

Alle vertonten Bilder befinden sich im Booklet (und im Fall von „Burnt“ auch auf dem Cover), ohne weitere Erläuterung, so dass sich der Hörer selbst einen Reim darauf mache.
Ein gelungenes Album mit schönen Momenten, und gerade in Bezug auf die einzelnen Bilder teils mit verblüffenden Ideen.

28.07.2008
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