Mastodon - The Hunter

Review

Everything remains as it never was. Dies ist nicht nur ein Albumtitel der Schweizer Pagan-Metaller ELUVEITIE, sondern auch die wahrste Aussage, die man über die neue MASTODON-Scheibe machen kann. Die Kreativbärte aus Atlanta wussten sich schon immer Freunde zu machen, indem sie ihrem künstlerischen Treiben völlig freien Lauf ließen. So gesehen ist „The Hunter“ nicht nur keine Ausnahme, sondern das „freieste“ Album der Bandgeschichte. Denn wo die Vorgänger in ein jeweils eigenes konzeptionelles Korsett gezwungen waren, ist das aktuelle Werk völlig ungebunden und entsagt bewusst einem roten Faden.

 

Davon kann man halten, was man will. Einige Fans werden die Abgeschlossenheit eines Meisterwerks wie „Crack the Skye“ mit Sicherheit vermissen. Die Mehrheit dürfte das Ganze jedoch ähnlich locker sehen, wie die Band selbst und die einzelnen Stücke für sich sprechen lassen. Diese fallen diesmal deutlich kürzer und kompakter aus. Und fast schon gezwungenermaßen eingängiger. Dies lässt eine Songstrukturachterbahn à la “The Last Baron“ zwar nicht mehr zu, doch die Menge darf beruhigt ausatmen – an Komplexität mangelt es an keiner Ecke. Wenn es zur Zeit eine Prog-Metal-Band gibt, die eine unglaubliche Fülle an Details und Schichten auf engsten Raum miteinander verbinden kann, ohne dass das Endprodukt überladen und schwerfällig wirkt, dann sind es MASTODON.

 

Schon bei den ersten paar Sekunden wird deutlich, dass der bei einem Taco-Essen für das Album engagierte Produzent Mike Elizondo eine gute Wahl war. Der Opener “Black Tongue“ lässt die Reise mit fetten Riffs beginnen, die mächtig Cojones mit sich bringen. Auch dem folgenden Ohrwurm “Curl of the Burl“ und “Blasteroid“ mangelt es nicht an Heavyness. Die relativ harte (und hart rockende) erste Hälfte des Albums wird in der Mitte beim Titelsong abgemildert. Der dem kürzlich bei einem Jagdunfall verstorbenen Bruder von Brent Hinds (Gesang/Gitarre) gewidmete Track sorgt für mächtig Gänsehaut. Diese Momente gibt es auf “The Hunter“ zuhauf, wofür abgesehen von den großartigen Arrangements auch die noch besser als auf den Vorgängern eingesetzten Gesangsharmonien sorgen. Welche andere Band schafft es schon, mit drei Sängerstimmen ein derart homogenes Ergebnis abzuliefern?

 

Wie schon zuvor braucht ein MASTODON-Album (mal wieder mit Kunstgalerie-reifem Artwork versehen) Zeit. Konzept und Songlänge hin oder her – bei dieser Band muss man schon sehr genau und wiederholt hinhören, um einen vernünftigen Eindruck zu bekommen. Erst dann kristallisieren sich die zahlreichen Elemente heraus, brennt sich ein Basslauf von Troy Sanders unwiderruflich in die Gehirnwindungen und wird das phänomenale Getrommel von Brann Dailor mit seinen schier unendlichen Fills und Ghost-Notes richtig präsent. Plötzlich blitzt hier ein QUEENS OF THE STONE AGE-Moment auf, da eine PINK FLOYD-Huldigung. Neben harten Riffs stehen sphärisch/psychedelische Ausflüge wie „Creature Lives“ oder das atemberaubende Schlusswort „The Sparrow“. Natürlich bleibt es bei derart unterschiedlichen Songs Geschmackssache, welche Stücke man mehr oder weniger gelungen findet.

 

Mit “The Hunter“ zeigen die Pelztierchen mal wieder die gesamte Bandbreite ihres Talents. So muss ein Prog-Metal-Album klingen, bei dem vier Musiker miteinander arbeiten, und nicht ihren jeweiligen Egos huldigen, wie es bei manch einer namhaften Konkurrenz leider immer wieder der Fall ist. Das hier ist “Kunst-To-Go“ – im positiven Sinne.

26.09.2011
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