Mastodon - Crack the Skye

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

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MASTODON sind keine Band, die gern nach hinten schauen oder sich wiederholen wollen. Von Sludge („Remission“) über mehr progressives Songwriting und Öffnung im Sound („Leviathan“), hin zu mehr poppigen und eingängigeren Songs im Wahnsinn („Blood Mountain“), zeigen die Urviecher Evolution: Mit einer solchen Entwicklung und solchen Einfällen muss man als Band erst mal um die Ecke kommen. Sichtlich durch unschöne Zustände in ihrem Privatleben inspiriert (unter anderem der Suizid von Dailors Schwester Skye, welcher sich auch im Titel niederschlägt, als auch der Krankenhausaufenthalt von Brent Hinds nach der Schlägerei mit SYSTEM OF A DOWN-Bassist Shavo Odadjian bei den MTV Music Awards 2007) , beginnt und endet mit ihrem vierten Album „Crack the Skye“ 2009 etwas: Es endet die „Elemente“-Reihe der Alben von Mastodon mit dem Äther, es fängt eine neuerliche Phase im Songwriting und in der Karriere von MASTODON an. Grund genug also für einen neuerlichen Blast from the Past.

„Crack the Skye“ endet ein altes Kapitel und schlägt ein neues auf

Denn „Crack The Skye“ ist gleichzeitig auch erneut ein lyrisches Konzeptalbum. Gewohnt verdrogt werden hier persönliche Schmerzenserfahrungen mit Mythologie  und kruder Storyline um einen querschnittsgelähmten Jungen, russisch-orthdoxen Sekten und Zeitreisen mit allerhand schwarzer Magie erzählerisch gemischt. Auch musikalisch betritt man neue Pfade: Einerseits hat man MASTODON so eingängig, ja stellenweise fast poppig wie auf dem Titeltrack, „Oblivion“, „Quintessence“ oder „Divinations“ selten zuvor gehört. Zum anderen hat „Crack the Skye“ auch die bis dato anspruchsvollsten und längsten Songs der Banddiskografie parat, das Album ist vielschichtiger und komplexer als die alten Werke. „Crack the Skye“ wirkt aufgeräumter, gleichzeitig aber auch experimenteller, hat einen Jamcharakter, den die alten Alben so nicht inne hatten.

Das mag sich nun nach Widersprüchen anhören und irgendwie sind die Songs auch genauso: Ein Sammelsurium aus verschiedenen Einflüssen, Hardcore, Rock, Psychedelia, alles in der ganz speziellen Mastodon-Rezeptur. Brann Dailor liefert immer noch wahnwitzige Schlagzeugfills ab, bleibt sonst aber schön im Hintergrund und songdienlich, die Gitarren perlen progressiv bis ätherisch, können aber auch mal groovige BLACK SABBATH-Riffs auspacken, perfekt platzierte Synthesizer erzeugen Stimmung. Auch der Gesang hat sich geändert. Waren vormals hauptsächlich die Schreie von Bassist Sanders das Markenzeichen, singt nun etwa Drummer Dailor ungewohnt stark viele Refrains, aber auch die nasale, ölige Stimme von Brent Hinds lässt sich vernehmen, was den Songs zusätzlichen Charakter und Abwechslungsreichtum gibt.

MASTODON haben sich neu erfunden und bleiben trotzdem immer noch spürbar sie selbst

Dass MASTODON  auf Stücken wie „The Last Baron“ oder „The Czar“ sehr dem 70er Jahre Sound von Bands wie DEEP PURPLE, KING CRIMSON, RUSH und anderen Großmeistern progressiver, elektrischer Gitarrenmusik folgen, hat eine Zäsur zur Folge: Viele alte Fans vermissen „ihre“ Mastodon, den vertonten Wahnsinn, die Heavyness und die Kantigkeit der vorigen Alben. Progliebhaber haben mit diesem Album womöglich zu der Zeit um 2007 mit Erscheinen von „Crack the Skye“ eine weitere Lieblingsband gefunden. Und dann gibt es noch das Lager, das beide Phasen von MASTODON gleichermaßen goutiert, den Rezensenten eingeschlossen.

Auch von ihrer Südstaaten-„Quirkiness“ ist ein klein wenig übrig geblieben: Das Banjo-Intro von „Divinations“ etwa zeugt davon, aber auch die Strophen-Riffs von „Quintessence“. Sonst ist „Crack the Skye“ als sehr nachdenklich, stellenweise melancholisch, mal auch wütend, ätherisch ganz im Sinne des Konzepts zu bezeichnen. Musikalisch und erzählerisch gibt es wenige Alben, die über die Laufzeit von fünfzig Minuten so viel zu sagen haben und den Hörer auf solch eine emotionale und bewegende Reise mitnehmen wie „Crack the Skye“. Für viele Fans bis heute das beste MASTODON-Album und diesen Platz hat „Crack the Skye“ auch absolut verdient.

 

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17.06.2020

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2 Kommentare zu Mastodon - Crack the Skye

  1. Interkom sagt:

    Die Worte höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Ich höre seit diesem Album kein Album. mehr von denen. Und jede neue Single hat es bestätigt. Der Hengst ist gezähmt, der Wal gefangen und das Feuer gelöscht. Progrock zum Einschlafen. Jedenfalls im Universum von Mastondon. Imho.

  2. kaltmann sagt:

    Spitzen Album! Mit einer etwas druckvolleren Produktion wären es bei mir 10/10, andererseits macht das auch den etwas rauheren Charme hier aus.

    9/10