Master's Hammer - Ritual

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

Galerie mit 12 Bildern: Master's Hammer - Hell Over Hammaburg 2018

Wer in der DDR aufgewachsen ist oder zumindest kurz nach der Wende von ehemaligen DDR-Eltern großgezogen wurde (wie der Verfasser dieser Zeilen), dürfte wohlvertraut mit den tschechoslowakischen Filmproduktionen bekannter Märchenstoffe sein, die sich insbesondere in der Vorweihnachtszeit großer Beliebtheit erfreuten. Es mag an den im Vergleich zum “Westen” etwas eingeschränkteren Produktionsmöglichkeiten gelegen haben, dass diese Filme ein ganz besonderes, irgendwie unheimliches und mysteriöses Flair hatten. Der reichhaltige Sagen- und Folkloreschatz von Gebieten wie Böhmen oder den Weißen Karpaten dürfte allerdings auch zu der gewissen Atmosphäre jener Filme beigetragen haben.

Was hat das mit dem dieswöchigen Blast From The Past zu tun? Nun, wenn ihr “Ritual”, den Erstling der Prager MASTER’S HAMMER in einem dunklen Raum auflegt und die Augen schließt, könnten die Bilder in eurem Kopf möglicherweise so ähnlich aussehen wie in den oben beschriebenen Filmen. Nicht allein deswegen ist “Ritual” allerdings ein besonderes Album.

MASTER’S HAMMER: Hinter dem Eisernen Vorhang gedieh extremer Metal

MASTER’S HAMMER wurden 1987 in Prag von einer Gruppe Kunststudenten gegründet, darunter Mastermind František “Franta” Štorm, der übrigens im Bereich Typografie seit Jahrzehnten eine Ikone von Weltruhm ist. Er und seine Kumpels mit den kultigen Pseudonymen Necrocock, Silenthell, Monster und Valenta holzen in den späten Achtzigern diverse Demos und ein Live-Album ein, die sich überraschend gut verkaufen und der Band einen Vertrag mit Monitor einbringen. Monitor brachten im Ostblock seinerzeit nicht nur Metal heraus, zeichnen sich aber auch für frühe Releases von Kult-Acts wie ROOT oder TÖRR aus.

Es mag daran liegen, dass MASTER’S HAMMER zunächst eine geografische Ausnahmestellung innehaben, dass sich “Ritual” laut Aussagen der Band allein in Tschechien 25000 Mal verkauft. Nicht nur dort ist die Popularität der Band groß. Über Tapetrading finden die Aufnahmen ihren Weg nach Norwegen, wo sich die junge Black-Metal-Szene ähnlich begeistert zeigt wie bei den ungarischen Kollegen von TORMENTOR. Fenriz (DARKTHRONE) witzelte einst, “Ritual” sei eigentlich das erste ‘norwegische’ Black-Metal-Album, was in Bezug auf die Keyboards und die fast vollständige Emanzipation von Thrash Metal definitiv stimmt. Die stimmungsvolle Mystik dürfte auf die jungen Norweger aber ebenfalls mächtig Eindruck gemacht haben.

“Ritual” – Einzigartig und unerreicht

Woher MASTER’S HAMMER diese Inspiration genau bezogen, ist ungewiss. Doch ist es vermutlich genau die Kombination aus heimischer Folklore und frühen osteuropäischen Metalbands wie KAT aus Polen, die ebenfalls eine dunklere Aura umgab. Gemeinsam mit den üblichen Zutaten à la VENOM, HELLHAMMER und MERCYFUL FATE ergibt das ein Gebräu, das gleichermaßen finster wie kauzig ist.

Zur Einzigartigkeit des Sounds tragen auch die abgedrehten Vocals von Storm und die fest ins Bandgefüge integrierten Pauken von Silenthell bei. Speziell die Pauken verleihen der Musik eine majestätische und dauerhaft bedrohliche Atmosphäre. Das unermüdlich treibende, aber niemals hektische Tempo von Songs wie “Pád Modly”, “Geniové” oder “Jáma Pekel” vermitteln das Gefühl, als wäre der Leibhaftige daselbst hinter einem her. Das mussten die Skandinavier erstmal nachmachen!

Der Rest der Diskografie ist… speziell

So außergewöhnlich und stark wie “Ritual” ist, so sonderbar ist zuweilen das übrige Schaffen von MASTER’S HAMMER. Der Nachfolger “Jilemnický Okultista” kann am ehesten noch empfohlen werden; das dritte Album vor der ersten Auflösung, “Šlágry”, ist hingegen äußerst speziell und mit großer Vorsicht zu genießen. In den Alben ab 2009 ist der Spirit von MASTER’S HAMMER wieder deutlicher zu erkennen, leicht zugänglich ist jedoch keines davon. 2020 löste sich die Band zum zweiten Mal auf.

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03.01.2024

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1 Kommentar zu Master's Hammer - Ritual

  1. nili68 sagt:

    Aus heutiger Sicht ist mir das etwas zu altbacken. Sowas wie Zeitlos gibt es IMO nicht wirklich, auch wenn manche Sachen besser altern als andere. Hatte aber seine Berechtigung und seinen verdienten Ruhm in überschaubarem Rahmen.
    Keine Wertung