Marys Creek - Some Kind Of Hate

Review

Wie? MARYS CREEK haben schon mit URIAH HEEP gespielt? Gelten als Geheimtip und werden weltweit mit SOUNDGARDEN, IN FLAMES, VAN HALEN oder DEEP PURPLE verglichen? Ihr antwortet nun, das sei starker Tobak? Mitnichten. Eher ganz starker Tobak, antworte ich lässig. Abgelesen vom Beipackzettelchen der Plattenfirma. Respekt vor soviel „Kenntnis“ und Löwengebrüll, denn soviel vorweg, davon kann wahrlich keine Rede sein. Gut, URIAH HEEP haben die Band in einem schwachen Augenblick mal auf einem Dorffest als Vor-Vorband eingesetzt und der uns allen wohlbekannte Produzent Frederik Nordström hat wohl auch einige Minuten seines Lebens an diese Band verschwendet und den finalen Mix des Debuts „Some Kind Of Hate“ übernommen. Wahrscheinlich hatte er einige Pausen während seiner Arbeit an der neuen DIMMU BORGIR und selbige gedachte er wohl mit dem Endmix schlaffesten Hard Rocks auszufüllen, gleichsam als Bestätigung dafür, dass es neben seinem eigenen Projekt DREAM EVIL noch weitere Bands ähnlich zahnloser Bauart geben muss, die ohne Fauch- und Keifgesang, Streicher aus Prag, inquisitorische Lyrics sowie Songs oberhalb der Vier-Minuten-Grenze auskommen.

Was Freund Frederik da endmischte, ist nun allerdings simpelster Hardrock der amerikanischen Achtziger-Schule. Hundertmal gehörte Refrains der unangenehmsten, weil einschmeichelndsten Sorte, oftmals intoniert in dieser eigenartig typisch-hellen Melodic-Metal Phrasierung, stets so oft wiederholt, dass man meint, der ganze Song wäre ein einziger Refrain, dazu durchaus hörbare Gitarrenintermezzi, alles blankpoliert, sauberproduziert, unter Einsatz eines Vocoders und MÖTLEY-CRÜE-artigen Soli, das erwartet den erwartungsfrohen Hörer. Feingestimmt bleibt da keiner lange, denn die stets mit süßlichem Pathos präsentierten Vocals können mit dem annehmbaren Gitarrenspiel nicht mithalten. Hatten wir das jüngst nicht schon auf ähnliche Art bei GLAMOUR und PRIVATE ANGEL? Sollte sich da ein Trend andeuten? Wie dem auch sei, Spannung will da nicht aufkommen, denn weder gibts Metal, noch hochwertigen Rock; eher könnte man von amerikanischem Stadion(balladen)poprock sprechen. Mit DEEP PURPLE, URIAH HEEP oder SOUNDGARDEN haben MARYS CREEK so viel zu tun wie NINO DE ANGELO mit LIMBONIC ART, soviel ist sicher.

Munter bretzelt Gitarrist Bobby Ho an seiner Klampfe, ohne jedoch würdige Begleitung durch den Rest der Band erlangen zu können. Ein weiteres ganz erhebliches Manko liegt im extrem vorhersehbaren äußerst langweiligen Songmaterial, selbst ein Durchnittsrocker wie „Ice Cream Man“ von VAN HALEN würde mindestens sieben Punkte mehr bekommen müssen als „Down“, „She“ oder „I Can Feel It“. Und sowas wie MÖTLEY CRÜES „Bastard“ oder „Rock Of Ages“ von DEF LEPPARD würden MARYS CREEK zwar sicher gern spielen, alleine am Können, der Kunst des Komponierens und der Klasse der Choreographie mangelt es, und zwar mächtig. Lediglich der Track „State Of Mind“, ziemlich am Ende der Scheibe plaziert, nötigt ein wenig Aufmerksamkeit ab; an diesem Track hätte sich die Band ein Beispiel nehmen sollen, denn hier wird nicht permanent weichgespült.

Ach ja, Blues spielen sie natürlich auch nicht und Modernität bleibt stets außen vor. Von Rotzrock kann ebenso keine Rede sein. Es gibt so viele Bands, die ähnlich zahm und identitätslos aufspielen; FATAL FORCE und die bereits obengenannten PRIVAT ANGEL und GLAMOUR fallen mir da spontan ein; aber wozu veröffentlichen solche Bands eigentlich überhaupt eine CD, wenn sie nur quälende uninspirierte Langeweile bezüglich des Liedgutes gespielt auf allenfalls technischem Durchschnittsniveau zu bieten haben? Beispiel Titelsong von MARYS CREEK: „Some Kind Of Hate“ hat einen dermaßen billigen, miserablen, nicht mal von TRIBAL zu unterbietenden Refrain. Und Chorusse wie in den Songs „New Religion“ oder dem unguten Opener „A Little Bit Of Everything“ dargeboten lassen auch nicht gerade mit der Zunge schnalzen. Freund Frederik muss da irgendwie Lust auf schlagerhaftes Umgarnen der mit besonderer Vorsicht zu behandelnden fragilen Seniorenfraktion der um 1900 Geborenen verspürt haben, als er mixte. Kann mir jedenfalls keiner erzählen, dass er sowas selbst freiwillig hören würde.

Fazit: Keine Kaufempfehlung, auch nicht für Genrefreunde. Hört lieber Achtziger-KROKUS, MÖTLEY CRÜE, ROSE TATTOO, MSG oder MALICE, als diesen Silberling mit Langeweilegarantie. Wenns moderner sein soll, nehmt lieber die umfangreiche Palette der Rotzrockfraktion aus Skandinavien. Noch was: Der eingangs zitierte Beipackzettel spricht davon, dass die Spezialität von MARYS CREEK „melodische Melodien“ seien. Da ist was dran…

21.03.2007
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