Im Winter des Jahres 1634 tobt in den deutschen Landen der Dreißigjährige Krieg. Einige bedauernswerte Gestalten warten im kalten Keller eines Gasthauses auf den nächsten Morgen und ihre Hinrichtung. Doch dann wendet sich ihr Schicksal. Die Ketten können zwar abgelegt werden, aber wartet bei der Flucht ins verschneite Weiß nicht der „Wintertod“?
Dieses Abenteuer ist mit SWORDS AND WIZARDRY oder ähnlichen Regelsystemen auf D20-Basis spielbar und stellt sich in eine Reihe mit „Der Heilige von Bruckstadt“ und „Baphomets Sohn„. Es handelt sich also um ein Setting, welches zwar vor dem historischen Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges stattfindet, dabei aber auch viele phantastische Elemente enthält. Diese sind auch dieses Mal enthalten, allerdings nicht im Rahmen eines klassischen Dungeon- oder Erkundungsabenteuers, sondern in einem kompakten Fluchtszenario.
Vom kalten Kerker in den „Wintertod“
Denn die eingangs beschriebene Flucht aus Kerker und Gasthof hinaus in die eisige Freiheit ist der wesentliche Inhalt von „Wintertod“. Dabei weist Autor Markus Schauta einleitend darauf hin, dass die Handlung die Spielfiguren zu Beginn ohne andere Optionen in den Kerker zwingt, danach aber viel Freiheit auf dem Weg zur erfolgreichen Flucht bietet. Wie die Charaktere es schaffen, warme Kleidung oder andere Mittel gegen die tödliche Kälte zu finden ohne dabei erneut ihren Häschern in die Hände zu fallen, ist völlig offen gehalten und auf vielen Wegen möglich.
Zu diesem Zwecke hat der Autor eine illustre Runde von Nichtspielfiguren im Gasthof platziert. Beim ersten Lesen wirkt es fast schon absurd, dass sich ein Trickbetrüger, ein Kopfgeldjägerpärchen, Wirtsleute mit dunklen Geheimnissen und andere Gestalten in der entscheidenden Nacht um die Kaminfeuer des Hauses drängen. Doch dadurch bieten sich auf dem zweiten Blick viele Möglichkeiten, um Verbündete aber auch völlig neue Feinde zu finden. Je nach Entscheidung finden sich die Charaktere schnell in einem ganz neuen Katz-und-Maus-Spiel wieder, das nichts mit ihrer Flucht, sondern den Absichten der anderen Personen im Gasthof zu tun hat.
In diesem Zusammenhang ist „Wintertod“ angenehm kompakt und präzise geschrieben. Alle Informationen sind schnell gefunden und auch die Riege der Nichtspielfiguren wird trotz ihrer Größe überschaubar und pragmatisch dargestellt. Trotzdem sollte sich nur eine erfahrene Spielleitung an die Vorbereitung und Leitung des Abenteuers wagen. Denn gerade weil in diesem Szenario viel von den Entscheidungen der Spieler*innen abhängt und auch vermeintlich harmlose Aktionen der Geschichte eine neue Wendung geben können, muss sich auch die Spielleitung flexibel an diese Veränderungen anpassen können. Das Abenteuer stellt die dafür nötigen Informationen aber gut aufbereitet zur Verfügung.
Ein Kammerspiel zwischen Kopfgeldjägern und hungrigen Wölfen
„Wintertod“ bietet einen guten Schreibstil und wartet mit vielen interessanten Wendungen und Ideen auf, die den kleinen Schauplatz mit Leben füllen. Es bietet sich sogar an, trotz des eigentlichen Zeitdrucks, die Geschichte langsam zu erzählen. Das kann sich unter Umständen für die Spieler*innen zäh anfühlen, wenn diese auf die Flucht brennen. Deswegen sollte die Spielleitung anfangs darauf hinweisen, dass zwar die Spielfiguren auf der Flucht, die Runde am Spieltisch aber nicht.
Denn wenn man sich die Zeit nimmt und der Handlung „Wintertod„, vielleicht sogar an einem langen Winterabend, den entsprechenden Raum gibt, kann dieses Fluchtszenario zu einem spannenden Abenteuer werden, das dank kauziger Figuren, einer leicht schaurigen Stimmung und nicht zuletzt kniffligen Entscheidungen im Gedächtnis bleiben dürfte. Die möglichen Anknüpfungspunkte für weitere Abenteuer, je nach den getroffenen Entscheidungen, nach einer erfolgreichen Flucht und die stimmungsvollen Illustrationen von Marianne Musek runden den kleinen Band ab.
Der Soundtrack für die Flucht in die winterkalte Nacht: TENHI – Valkama / URFAUST – Untergang / ASPHODELUS – Sculpting From Time
Würfeln und blättern, statt lauschen und headbangen – In der Rubrik „Dice ‚em All“ stellen wir euch ausnahmsweise keine Musik vor, sondern Rollen- und Brettspiele.
Kommentare
Sag Deine Meinung!