Marduk - Blood Puke Salvation

Review

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Als einzige Band außerhalb Norwegens waren MARDUK Anfang der 90er Mitglied des „inner circle“ von Oslo, einer eigentlich gar nicht existenten Vereinigung von Black-Metal-Bands, deren inoffizieller Kopf der MAYHEM-Gründer Euronymous war. Das ist 15 Jahre her, es war eine Zeit, in der Black Metal im wesentlichen schwarz, extrem und undergroundig war. Farbige Cover waren der Gipfel der Gefühle.

Man fragt sich beim Schauen von MARDUKs neuer Live-DVD „Blood Puke Salvation“ schon manchmal, wie eine Band nicht nur einen einzigen solchen Spagat meistern kann wie MARDUK, sondern gleich mehrere. Euronymous mag sich vielleicht im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, dass die vier Schweden Live-DVDs ihrer Konzerte veröffentlichen und Videointerviews geben. Vielleicht wäre er aber auch sehr erfreut darüber, dass MARDUK nach einigen Jahren, die sie in den Black-Metal-Durchschnitt zurück zu fallen drohten, 2004 mit einem komplett neuen Line-Up zurück waren, das jeder Beschreibung spottet. Und nicht nur das, ihr ganzes Auftreten ist 100%ig Black Metal: Blut, Leder, Patronengürtel und Tod. Tod, wohin man sieht.

„Blood Puke Salvation“ ist die Dokumentation des „Todesmarsches“ der Jahre 2004 und 2005, etwa zwei Dutzend Konzerten in ganz Europa, darunter zwei sehr gegensätzlichen Auftritten in Instanbul und Wacken.
Die erste der beiden Scheiben enthält zwei vollständige Auftritte, Tilburg vom 18. und Antwerpen vom 19. Dezember 2004, auf denen MARDUK einen ausgewogenen Querschnitt durch ihre Diskogrophie bieten (von „The Black“ von „Opus Nocturne“ über „Panzer Divison Marduk“ bis „With Satan And Victrious Weapons“ und „Throne Of Rats“ ist alles dabei, was schnell und geil klingt).
Während der Auftritt in Tilburg, auf großer Bühne mit viel Effekt und buntem Licht sehr professionell und nach Musikbusiness aussieht, ist derjenige aus Antwerpen ein klassischer Underground-Gig, der mit schlichten Sepiafarben und ohne große visuelle Bearbeitungen auskommt.

Beiden Auftritten ist jedoch gemeinsam, dass sie ungeschminkt zeigen, wie MARDUK Europa mit Krieg, Tod und Verderben überzogen haben. Ohne großes Palaver und lange Pausen, die ohnehin nur mit Panzergeräuschen und kriegerischem Ambiente gefüllt werden, ballert das schwedische Quartett siebzig bzw. dreißig Minuten ihrer bösartigsten Knüppel aus dem Sack, dass dem Publikum die Ohren abfallen. Drummer Emil beweist sich als einer der schnellsten seiner Liga, Gitarrist und Bandkopf Morgan und Basser Devo schaffen es, mit nur zwei Saiteninstrumenten eine ungeheuer präzise, dichte, rasend böse Atmosphäre auf die Bühnenbretter zu bringen.
Der unumstrittene Hingucker des neuen MARDUK-Line-Ups ist allerdings der damals gerade eingestiegene Sänger Mortuus, gegen den sein Vorgänger Legion wie frisch aus dem Altersheim wirkte! Der Mann keift und schreit so überzeugend, spuckt Blut und Galle und erinnert stimmlich an eine gekonnte Version des ex-MAYHEM-Fronters Maniac, optisch an dessen Urahn Dead. Wer sich auskennt weiß: genau das ist Black Metal.

DVD Nummer zwei ist wesentlich weniger spektakulär. Neben zwei Videos zu Songs des letzten Albums („Throne of Rats“ und „Steel Inferno“) finden wir hier die Dokumentation des Todesmarsches. Aus MARDUKs Vokabular übersetzt bedeutet das: ein Videomitschnitt eines Stückes pro Konzert. Das ist in sofern interessant, als dass sich die Venues schon sehr unterscheiden und man als Nichtmusiker einen netten (?) Eindruck davon bekommt, wie der Touralltag realistisch aussieht. Alleine bei der Bühnengröße spannt sich Breite zwischen der Fläche einer Europalette und der eines halben Fußballfeldes auf. Soundtechnisch sind die Unterschiede ähnlich, auch wenn die Qualität (gerade bei den beiden vollständigen Konzert) generell nichts zu wünschen übrig lässt.
Abgerundet wird die Scheibe mit einem reichlich unterkühlten und nicht übermäßig interessanten Interview mit Morgan und Mortuus, deren abweisende, sehr schwarzmetallische Persönlichkeit noch absichtlich herausgekehrt wird. Das „Behind The Scenes“ gestaltet sich diesmal nicht als Blick in die Backstagebereiche oder den Tourbus, sondern – im Grunde sehr geschmackvoll – als Rundgang über Friedhöfe und durch Necropolen der betourten Städte.

Betrachtet man, den Eingangsgedanken dieses Reviews im Hinterkopf behaltend, diese DVD als Gesamtkunstwerk, so glaube ich: Euronymous hätte sich Gefallen daran gefunden. „Blood Puke Salvation“ ist keine Hochglanzveröffentlichung, sondern visualisierter und hörbar gemachter Krieg. Die Aufmachung alleine ist schwarz-weiß und tödlich, Knochen, Schädel und Skelette, wo immer sie Platz hatten. Mehr Black Metal kann eine DVD, trotz des erfüllten professionellen Anspruchs, eigentlich kaum sein. Bei einer Spielzeit von weit über zweieinhalb Stunden lohnt sich der Kauf allemal.

21.10.2006

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