Marauder - Deathinfection

Review

Dem “Hopfenzopf“ war der unerquickliche Charme der Abnutzung einer nach pappigen Fritten und schaler Schnitzelpanade riechenden Bahnhofsgaststätte bis zum heutigen Tage erhalten geblieben. Die Antwort auf die aus falscher Zurückhaltung nie laut gestellte Frage, warum es meinen alten Freund Dr. cult. Fliwulap Krögmanögg mit einer gleichermaßen mitleid- wie besorgniserregenden Regelmäßigkeit in diesen Abgesang auf Gemütlichkeit und Gediegenheit zog, wird mir wohl auf immer ebenso verwehrt bleiben wie die, warum der Kerl sich mit nie versiegender Begeisterungsfähigkeit an abgestandenem Thrash Metal ergötzen kann.

Mir war gleich klar, dass er mir sofort nach dem ersten  Pils (oder das, was der Wirt für ein solches hielt) seine neueste Errungenschaft würde präsentieren wollen. Dass er mir das Album MARAUDER – Deathinfection gleich von seinem funkelnagelneuen Smartphone vorspielte, hatte etwas überaus Bemerkenswertes: Doc Krög mit einem derart modernen Gerät erfolgreich hantieren zu sehen, ließ mich unvermittelt daran denken, dass diese Leistung nur damit zu vergleichen sei, als wenn jemandem aus der Hallstattzeit ins Jetzt versetzt ohne jegliche Aufarbeitung der technischen Revolutionen nicht erlebter Jahrhunderte aus dem Stegreif die unfallfreie Bedienung eines Kaffeevollautomaten geglückt wäre.

Titel wie “Deathinfection“ und “Feed The Warmachine“ purzelten aus dem schmalen Apparat, wobei der Sound alsbald durch eine hastig auf die schlecht abgewischte Tischplatte bugsierte Bluetooth-Box erstaunliche Verbesserung erfuhr. Gut – wen auch immer Doc Krög da ausgegraben hatte – er war hörbar um Abwechslung bemüht. Das war kein reiner Thrash, erhielt die ganz Chose doch durch Beigaben aus den weiten Feldern von Speed Metal und treibendem Hardrock eine etwas andere Marschrichtung. Dass sich der Sieben-Tracker dennoch anhört, als sei er eventuell etwas voreilig aus dem Proberaum gekrochen, verpasst ihm allerdings einen begrüßenswerten Anstrich erfrischender Derbheit. Meine Ohren waren endlich offen.

Fliwulap fabulierte zudem irgendwas von MORTIFICATION-Reminiszensen und da musste ich ihm zustimmen, solange er sich auf die “Blood World“-Phase bezog und sich bereit erklärte, Abzüge an Versiertheit hinsichtlich des Songwritings vorzunehmen.

Als er bei “Consumed By Demons“ KISS ins Feld führte, lauter drehte und den mürrischen Blick des Wirts, den er unablässig als degoutanten Kretin bezeichnete, besonders erfolgreich ignorierte, konnte ich zwar nur den Kopf schütteln und ob des schiefen Klampfensolos den ersten Toilettengang erwägen, aber MARAUDER, wie sich der Vierer aus Greven nennt, hatte auf Grund seines stets spürbaren Bestrebens, abseits allzu ausgetretener Pfade zu wandeln, meinen Respekt.

Nach Pilsgen groß, Kapitel 11 war der gute Fliwulap zudem in der Lage, die zuweilen leicht schmerzhafte Schieflage beim Gesang wie das stellenweise holprige Schlagwerk zu ignorieren und dafür herauszustellen, dass hier in der Tat mehr als nur ein Song hängenbleibt. Das mochte seiner in letzter Zeit spätestens nach zehn Pils neu gefundenen Tugend der Altersmilde geschuldet sein, aber alles in allem kam auch ich zu dem Schluss, dass im leicht verschrobenen, spieltechnisch nicht besonders sauberen Power-Thrash des Marodeurs durchaus Potential schlummert.

Und zwar soviel, dass sich Dr. cult. Krögmanögg dazu hinreißen ließ, mir lallend eine “Ethnographie der Grevener im Thrash-Underground“ anzukündigen. Ich empfahl ihm noch, die solange zu verschieben, bis ein zweites Album vorliegt. Das könnte ja dann tighter eingespielt, im Songwriting noch überzeugender, treibender und ein wenig kraftvoller um die Ecke kommen.

Als wir das “Hopfenzopf“ verließen und zu weiten Teilen der Muttersprache oder überhaupt der Fähigkeit, sich Dritten gegenüber verständlich  artikulieren zu können beraubt durch die nächtlichen Straßen heimwärts wankten, einigten wir uns jedenfalls darauf, MARAUDER mal im Auge und Ohr zu behalten.

25.01.2015

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