“Dein ist mein ganzes Herz“ von Heinz Rudolf Kunze war der größte Erfolg des 56-jährigen Sängers. MARATHONMANN aus München blicken auf einen weitaus kürzeren, aber dafür recht steilen Aufstieg auf der musikalischen Karriereleiter zurück. Zum Valentinstag hatte die Post-Hardcore-Band den durchaus tragisch anmutenden Song gecovert, und damit, neben etlichen Konzerten und Begleitertouren, auf sich aufmerksam gemacht. Wenn es nach Sänger und Bassist, Michael Lettner, geht, dann will man genau in die Wirkungskerbe zwischen “verkopft“ und “stumpf“ einschlagen. Mit diesem Anspruch hat der Fronter das Debütalbum “Holzschwert“ vermutlich bereits treffender erklärt, als es überhaupt möglich erscheint.
Die gesamte Platte bildet praktisch einen luftigen Mittelweg. Wenn dir ein Holzschwert auf den Kopf prasselt, dann wird es verdammt weh tun, aber du wirst es höchstwahrscheinlich überleben. Diese Gratwanderung gehen MARATHONMANN an vielen Stellen. Zunächst ein Blick auf den textlichen Aspekt: Der Vierer schöpft aus der Quelle des Lebens, und zwar insbesondere was die schattige, melancholisch hinterfragende Seite angeht. Im Gegensatz zu primatenhaften Durchhalteparolen im Sinne von “Bleib stolz“, “Lebe niemals auf Knien“ und “Geh immer deinen Weg“, bleiben die Süddeutschen zwar erstaunlich straight, geben inhaltlich doch viel mehr Anreiz zum Nachdenken und zur Eigeninterpretation.
Auch musikalisch liefert “Holzschwert“ eine durchaus interessante Mixtur zwischen refrainorientierten Songs, vielleicht im Sinne von BROILERS, wie “Wenn du dem Teufel deine Hand gibst“ oder “Die Stadt gehört den Besten“ und verstärkt emotionalen Momenten aus Sehnsucht und nachdenklicher Klarheit (“Räume“, “Grabräuber“). Diese Differenzierung gelingt sogar, obwohl MARATHONMANN so gut wie gar nicht ihren angestammten Weg aus Strophe-Refrain-Schema verlassen. Dazu gesellt sich noch das identitätsträchtige, kratzige Organ von Lettner, das womöglich ein wenig gewöhnungsbedürftig erscheint, sich nach wenigen Durchläufen aber als angenehmes Herausstellungsmerkmal beweist.
Was bleibt ist ein überaus nettes Debütwerk, das stellenweise sowohl zum Abrocken, genauso aber auch zur stillen Meditation fungieren kann.
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