Mantric - Sin

Review

Es gibt großartige Bands, die fliegen jahrzehntelang unter deinem Radar. Vielleicht, weil sie kein Label im Rücken haben, um ihre Musik außerhalb ihrer Heimat bekannt zu machen. Oder weil sie überhaupt nicht wollen, dass du sie entdeckst. Im Falle der Norweger MANTRIC war es letztlich das Cover des 2010er Debüts „The Descent„, welches dem Autor dieser Zeilen vor einigen Monaten in einem Plattenladen in Köln ins Auge stach. Wenig später sorgte die Scheibe dann beim ersten Durchlauf für Erstaunen – und schließlich für große Begeisterung.

Die bei MANTRIC agierenden Musiker sind bereits seit Anfang der Neunziger aktiv, damals noch als LENGSEL eher im Black-Metal-Segment verortet sowie später als langjährige Mitglieder EXTOLs. Nun legt das Trio – unter dem mittlerweile nicht mehr so neuen Namen – bereits das zweite Studiowerk vor. „Sin“ folgt dabei dem auf dem Vorgänger eingeschlagenen Weg und bietet eine eigenwillige Mixtur aus verschiedensten Spielarten, konkret: Prog, Hardcore, (Post-)Metal, Rock und Noise. Der Albumtitel dürfte dabei zweifelsfrei vor dem christlichen Hintergrund der Musiker gewählt sein. Das Release der Platte verkündete die Band zudem mit dem vielsagenden Satz „We have sinned.“

Ob MANTRIC auf ihrem neuen Werk umfassend Beichte ablegen oder sich aber wie in der Vergangenheit durchaus kritisch mit dem Glauben auseinandersetzen, bleibt vorerst unklar – das Rezensionsexemplar enthielt keine Abschriften der Texte. Fakt ist jedenfalls, dass sich „Sin“ musikalisch als eine sehr herausfordernde Angelegenheit darstellt: Songs wie das von einer markanten Bottleneck-Gitarre durchsetzte „On The Horizon“ und das düstere „Maranatha“ tönen phasenweise ziemlich sperrig und naiv daher und verlangen dem Hörer einiges ab. Allerdings schaffen MANTRIC mit diversen eingängig-melodischen Parts stets auch das nötige Gegengewicht („FaithFaker“, „Anhedoniac“). Repräsentativster Song der Platte ist das abwechslungsreiche „Arrogance vs. Anxiety“, welches anfangs wirr und vertrackt aus den Boxen lärmt, sich anschließend in ruhiges Rock-Fahrwasser begibt, um letztlich mit wuchtigem Riffing und packend phrasierten Melodien zu enden.

„Sin“ taugt definitiv nicht für die lockere Unterhaltung zwischendurch, sondern ist ein verschachtelter Brocken, den sich der Hörer erst einmal zurechtlegen muss. Mit der entsprechenden Bereitschaft und Geduld wächst die Platte allerdings stetig – und überzeugt dazu auch mit kernigem Sound und vielen eigenständigen Ideen. Wer es verquer, etwas polternd und individuell mag und die intensive Auseinandersetzung mit Musik nicht scheut, könnte mit MANTRIC entsprechend voll auf seine Kosten kommen.

Hier geht’s zum kompletten Stream der Scheibe.

21.09.2015

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