Nur ein Jahr nach der Veröffentlichung von „The Black Circus“ gibts für Power-/Symphonic-Progrockfetischisten schon neues Futter der Dänen in Form der Fortsetzung „The Black Circus Part 2 – Disclosure“. Erneut gibts diese seltsame Mischung aus relativ fetten, für Power Metal-Bands erstaunlich hart und laut produzierten (und keinewegs dünnen) Gitarrenlicks zu hellen Gesängen. Frickelige Soli, Orgelklänge, Hall, Becker trifft Friedmann auf Prog sozusagen.
„Beauty Will Fade“ ist ein schwerer, harter Opener voller Opulenz. Die Gitarrenläufe erinnern manchmal an frühe rätselhafte FATES WARNING, scheinbar versuchen auch MANTICORA, um jeden Preis rätselhaft zu klingen. Allein der Gesang gefällt mir nicht so; zu hoch, zu quäkig, warum benutzen solche Bands nicht auch mal dunkle Vocals? „Gypsies Dance Pt. 2“ lässt auch BLIND GUARDIAN als Vorbild erkennbar werden. Orientalische Passagen, Chöre, Breaks mit nettem Taktwechsel, klare Soli mit Flitzefingern gespielt, die Auflösung zeigen, hier sind Profis am Werk. Die Musik ist um einiges besser als die von den zuletzt von mir reviewten Power Metal-Combos.
Ob nun spanische Gitarrenläufe, der Hang zum Orient, Thrash; im Instrumental „Haita Di Lupi“ wird vor nichts halt gemacht. Natürlich kommt dann eine Ballade („When The Soulreapers Cry“), auch da sind MANTICORA in ihrem Element. Obwohl, habe ich Ballade gesagt? Ein Break, und schon haben wir Speed. Dramatisch winkelt sich der Track durch die Gehörgänge, virtuos eingespielt. Gelegentliche instrumentale Zwischenspiele erhalten die Spannung, bis es wieder zur Sache geht. Man merkt dann allerdings im zweiten Teil der CD deutlich, dass BLIND GUARDIAN die Blaupause abgeben („All That Remain“). Nur der eigenwillige Gesang macht hier noch den Unterschied. „Of Madness And Its Purity“ wartet noch mal mit kantigen Riffs auf, bevor erneut „Born In A Mourning Hall“ am Firmament ertönt.
Schwer zu bewerten, diese Musik. Ganz nett gemacht ist das schon, instrumental versiert sind die Dänen, barock, mit Pomp. Etwas eigene Linie fehlt mir da aber doch, trotz der bisweilen guten Ansätze. Und der Gesang ist zu eindimensional (der letzte Song zeigt das sehr deutlich), immer diese mittlere Tonlage. Letzendlich ist der Prog wie bei BLIND GUARDIAN nur Fassade; in Wirklichkeit orgelt die Band den Wanderzirkus gern durchs nächtliche Gestrüpp, ausufernd, verspielt, rauf und runter die Tonleiter. Für Genrefreunde ist das Opus allerdings durchaus zu empfehlen, da es sich ein wenig über den Power-Prog-Durchschnitt erhebt.
Jawoll!! Man kann auch bombastischen Power-Metal spielen ohne gleich italienischer Kitsch-Opulenz zu verfallen. Dafür krachts bei Manticora einfach an allen Ecken und Enden zu hart. Hier wird POWER noch Groß geschrieben und verkommt nicht zu einer Metalunwürdigen Weicheierparade. Der Prog-Anteil beschränkt sich dabei aber eher auf die stellenweise für den 0815-Power-Metaller nicht leicht nachzuvollziehenden (jeder Hammerfall-Fan wird bei so viel Komplexität zu einem sabbernden Wrack, dem Dream Theatre-Fan wird kaum ein müdes Lächeln entlockt werden) Songstrukturen, als auf Griffbrettgewichse und arhythmischer Schlagzeug Vergewaltigung. Der Hörer wird gefordert, aber nicht überfordert, was der Band eigentlich einen undankbaren Platz zwischen den Prog/Power-Stühlen einbringt. Aufgeschlossene Hörer beider Seiten sollten aber auf jeden Fall mal rein hören, denn hier wird viel geboten. Die vergebenen 6 Punkte sind meiner Ansicht nach auf Grund der instrumentalen Fertigkeiten, dem nachvollziehbaren und gut umgesetzten Konzept und der an sich recht eigenständigen Musik (parallelen zu Blind Guardian sind dabei aber sicher nicht zu verleugnen) sicher nicht gerechtfertigt.