Manes - Slow Motion Death Sequence

Review

MANES können auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. 1992 ursprünglich als Black Metal-Band gegründet, öffneten sich die Norweger stilistisch mit dem wegweisenden, meisterhaften „Vilosophe“ einem breitgefächerten, stets experimentellen Sound, der irgendwo zwischen Metal, Neo Prog, Trip Hop, Electro und Avantgarde liegt. Zweimal lösten sich MANES wieder auf, nun liegt mit „Slow Motion Death Sequence“ endlich der Nachfolger zum hochgelobten „Be All End All“ (2014) vor.

„Slow Motion Death Sequence“ – nach vier Jahren Stille!

MANES agieren mal wieder völlig losgelöst von jeglicher kalkulierbarer Berechenbarkeit und jonglieren mit klischeebefreiten, intensiven Klanglandschaften, die völlig souverän und homogen ineinander fließen und präzise gespielt sind. Auf „Slow Motion Death Sequence“ treffen sich Endneunziger Neo Prog, der insbesondere in Norwegen zelebriert wurde und wird, eingängiger Pop, Post Metal, Trip Hop, Drum’n’Bass, Electro, Jazz, Ambient und Avantagade aufeinander. Fesselnd, völlig Ballastbefreit, vielseitig und dennoch organisch zusammenhängend, über Jahre gereift und dennoch frisch, experimentell und dennoch leicht greifbar. Verschiedene Stimmungen und dennoch atmosphärisch dicht, mit stets klagendem Grundton und einer Spur von Zuversicht. MANES – eine Multivalenz, die ihresgleichen sucht.

Die reichhaltige, dynamische Musik auf „Slow Motion Death Sequence“, Gefühlsgeladen und von elektronischen Elementen getragen, basiert in erster Linie auf Trip Hop und entschleunigtem Drum’n’Bass. Den musikalischen Rahmen bilden im Grunde recht simple Strukturen, innerhalb derer aber viel passiert und die Arrangements bis ins Detail ausgetüftelt wurden. Die einnehmenden Melodien, meist vom Keyboard, die markanten Stimmen in dieser unglaublichen Bandbreite, die passend gesetzten Breaks, MANES setzen ihre liebgewonnene Trademarks auch auf „Slow Motion Death Sequence“ gekonnt in Szene und sorgen für ein gelungenes Hörvergnügen. Die Gitarren wurden weiter zurückgefahren, aber MANES können auch anders, wenn sie im apokalyptischen „Night Vision“ in bester Black Metal-Manier wunderbar sägen. Gastgesang gibt es natürlich auch wieder: Anna Murphy (LETHE, NUCLEUS TORN, ex-ELUVEITIE), Rune Folgerø (ATROX), Ana Carolina (MOURNING SUN) und Tom Engelsøy (DRONTHEIM) erweitern das ohnehin breite Spektrum.  Und Höhepunkte setzen MANES viele: Der Opener „Endetidstegn“ hat diesen besonderen melancholischen Vibe, atemberaubend sinnlichen Frauengesang, heavy Riffs, trippig. Oder das ergreifende „Scion“ mit diesen subtilen, schicken Melodien. Das bedrohliche „Therapism“ reizt mit dunkler Psychedelic, während das einzige völlig auf Electro verzichtende „Last Resort“ mit seinen akustischen Passagen eine fesselnde Ballade ist, die man schon fast als traditionell bezeichnen kann. Das Stück hätte in ähnlicher Form damals auch gut auf „How To Measure A Planet?“ von THE GATHERING gepasst. Auch die übrigen Stücke sind kleine klanglichen Kunstwerke, angenehm verspielt und düster.

MANES -für Freunde der norwegischen Avantgarde

MANES Anhänger müssen sowieso zugreifen. Sollte es noch Anhänger der norwegischen Avantgarde im Sinne von ULVER oder DØDHEIMSGARD geben, die MANES noch nicht kennen – unbedingt antesten! „Slow Motion Death Sequence“ ist trotz aller stilistischen Bandbreite und Experementierfreude in sich schlüssig, eingängig und qualitativ enorm. MANES sind in ihrem eigenen Kosmos, ohne sich dabei selbst zu wiederholen. Die übermächtigen eigenen Referenzwerke bleiben aber, zumindest für mich, unerreicht.

23.08.2018

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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