Manes - How The World Came To An End

Review

Das Prinzip ist altbekannt: Vorzugsweise norwegische Bands bringen als Debüt ein knallhartes Blackmetalbrett raus, nur um sich dann auf den kommenden Veröffentlichungen vollständig davon zu entfernen. Prominenteste Vertreter sind natürlich die legendären ULVER, auch ziemlich bekannt sind DHG. Im sonnigen Italien sind THEE MALDOROR KOLLEKTIVE, die früher unter FUNERAL FOG veröffentlichten, ein gutes Beispiel, in Frankreich jüngst auch BLUT AUS NORD. Da aber, wie gesagt, der Fokus da eher in Norwegen liegt, passt es ganz gut, dass MANES aus Trondheim stammen.

MANES haben als Band eine bemerkenswerte Entwicklung hinter sich. Nach zwei Demos bringen sie 1999 ihr raues Debütalbum „Under Ein Blodraud Maane“, um dann vier Jahre später mit ihrer nächsten Veröffentlichung zu überraschen. Das brillante „Vilosophe“ ließ von den Wurzeln der Band kaum mehr etwas erkennen, sondern offenbarte sich als experimentelles, stark elektronisches Album. Nun also folgt mit „How The World Came To An End“ der neuste Streich der Norweger – und damit ein weiteres Entfernen vom einstigen Schaffen. Meilenweit, wenn man das bei Musik so sagen kann. Hochexperimentell präsentieren MANES sich auf der neuen Scheibe, die wohl als absolutes Studioprojekt bezeichnet werden muss. Ich scheue mich an der Stelle auch, die Bezeichnung Band für MANES noch zu verwenden, zumindest was das neuste Werk anbelangt: Insgesamt 16 Musiker gaben sich dort die Ehre, was man dem Album auch anhört. Jeder, der sich von vornherein im Klaren darüber ist, dass er mit experimentell elektronischer, verwoben verwirrender und schwer zu durchblickender Musik nichts anfangen kann, darf sich an der Stelle gleich den anderen Rezensionen hier zu wenden, alle anderen heiße ich Willkommen in der chaotischen Klangwelt MANES‘.

Es scheint, als habe der Trupp in letzter Zeit verstärkt Trip- und Hip Hop gelauscht, denn tatsächlich sind die rockinspirierten Parts stark zurückgefahren. Metal lässt sich auf der Platte sowieso kaum noch finden, vielmehr erwartet den Hörer eine vielschichtige Mischung abgedrehter Beats, sphärischer Melodien, diverser Gesangsformen, richtig guter Rapparts und gewöhnungsbedürftiger, teils sehr industriallastiger Samples. Angereichert ist das Ganze mit meist subtiler Gitarrenarbeit; das ein oder andere knackige Riff und ein paar einprägsame Melodieläufe haben MANES immer noch in der Hinterhand. So muss es sich anhören, wenn man das Gedudel der alten Spielkonsole mit ein paar Electronicascheiben, etwas abgedrehtem Rock und progressiven Metal kreuzt und dazu einen Film mit unidentifizierbaren Hintergrundgeräuschen laufen lässt. Wenn man dann noch zur richtigen Zeit die Lautstärkeregler rauf und runter dreht, könnte sowas wie „How The World Came To And End“ heraus kommen. Ziemlich abgedreht aber gleichzeitig auch sehr geil. Sprachsamples und Elektroklänge erinnern stellenweise an THEE MALDOROR KOLLEKTIVE zu Zeiten von „A Clockwork Highway“, andere Passagen an reinen Rap aus Frankreich. Gelungen sind auch die Gitarrenparts: Schwer basslastige Riffs kommen schwer aus den Boxen und sind kurz davor, meine Nackenmuskulatur zu animieren, allerdings halte ich mich lieber zurück, um bloß kein Detail des verschachtelten Albums zu verpassen.

Zuckende Beats, interessante Sprachsamples, unidentifizierbare Hintergrundgeräusche, Rappassagen und vereinzelt starke Gitarrenläufe sind die Trademarks des Albums. Hinzu kommt eine Attitüde abgedrehten Rocks vergangener Zeit. Das Ganze ist sehr undurchsichtig und braucht Zeit um zu zünden, auch wenn einige Parts sehr eingängig gehalten sind. Zeit sollte man dem Album allerdings auch geben, da es dann großartig zu wirken anfängt und sich als ein wirklich gutes Experiment herausstellt. Hörer mit offenem Ohr sollten sich eines der vielschichtigsten Werke, das mir jüngst untergekommen ist, auf keinen Fall entgehen lassen, auch wenn absolute Übertitel, wie man sie noch auf dem wohl unerreichbaren „Vilosophe“ fand, diesmal nicht vorkommen. Ist aber auch ziemlich egal, bei MANES ist jeder Vergleich mit früherem Schaffen ziemlich hinfällig.

28.04.2007
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