Man Must Die - The Human Condition

Review

Das die Leute von Relapse schon immer einen guten Riecher für extreme Musik besessen haben, ist kein Geheimnis. Nun hat der Qualitätsgarant erstmalig die Finger nach Großbritannien, bzw. Schottland ausgestreckt. In Glasgow residieren die vier Prügelknaben von MAN MUST DIE, treiben dort seit 2002 ihr Unwesen, und konnten bereits mit ihrem ersten Demo internationale Aufmerksamkeit erregen. 2004 schauten sie auf dem Maryland Deathfest vorbei, was wohl dazu beigetragen haben dürfte, dass die Herren von Relapse mit den Schotten auf Fühlung gingen.

Die legen nun mit „The Human Condition“ ihr zweites Werk vor – oder sollte ich besser sagen: Sie schmeißen einen ganzen Bombenteppich ab, ohne Rücksicht auf Verluste. Zehn gnadenlos wütende Berserkersongs (eingeleitet durch ein harmonisches Intro), die sich anschicken, auf dem Schlachtfeld von modernem Thrash, Grindcore und brutalem Death Metal alles zu zermalmen, was ihnen unter die Ketten kommt. Dabei sitzt der Fuß fast durchgängig auf dem Gaspedal, und nur ab und zu werden kurze Verschnaufpausen eingelegt, die sich in fetten Midtempoparts niederschlagen.
Ansonsten ist die Marschrichtung klar: Keine Gefangenen. Wer sich wehrt, wird mit Doublebassgewitter und Riffsalven niedergemäht. Kommandant Joe McGlynn brüllt, growlt und keift die Befehle wie ein Kaputter ins Mikro – no retreat, no surrender! So ein Extremdauerfeuer kann natürlich schnell langweilig werden, damit das nicht geschieht, verstehen es die vier sehr gut, ihre Songs mit zahlreichen Melodien und Harmonien zu versetzen, bzw. alles in komplexen Arrangements zu verflechten. Mal geht es schnurtracks geradeaus, einfach auf die Fresse, und dann wiederum schlägt die Panzerkolonne Haken wie ein vorm Metzger fliehender Hase. „March Of The Clones“ ist einer dieser Songs, die schon fast den Anschein erregen, sämtliche Regeln von Struktur über Bord zu werfen und stattdessen aus allen Rohren zu feuern, komme was da wolle.
Für die Songs als einzelne Stücke funktioniert das, aber zehn solcher Granaten graben sich gegenseitig das Wasser ab. So rollen beim Hörer zwar reihenweise die Köpfe, aber auf Dauer mitreißen können die Songs nur selten. Der Wiedererkennungswert (und dafür reichen manchmal ganz simple, einprägsame Refrains) ist dementsprechend niedrig.

Was bei der Gewaltorgie auffällt, ist der Sound des Schlagzeugs. Die Produktion ist entsprechend fett ausgefallen, keine Frage, allerdings hat die Platte einen sehr klinisch sterilen Charakter. Und eben das Schlagzeug hört sich stellenweise ziemlich (schlecht) getriggert an. Schießbudenkapitän John Lee wütet zwar wie ein Kaputter, trotzdem klingt es manchmal schon zu unmenschlich, zu künstlich.

„The Human Condition“ ist ein ambitioniertes Werk geworden, wirkt aber nach mehreren Durchläufen wie eine Festung, die auf Gedeih und Verderben ihre gesamten Munitionsvorräte verballert und im entscheidenden Moment nichts mehr übrig hat. Da wäre durchaus mehr drin gewesen.

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08.06.2007

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1 Kommentar zu Man Must Die - The Human Condition

  1. him sagt:

    Hervorragendes Review einer ziemlich guten Scheibe. Unterhaltsam und zielsicher geschrieben, alles drin, alles dran. – Ey metal.de, hier schreibt einer fast ausschließlich gute Rezis – Bezahlt den anständig! 🙂

    7/10