Majesties - Vast Reaches Unclaimed

Review

Ach du heiliger Fluxkompensator, MAJESTIES haben mit „Vast Reaches Unclaimed“ wahrlich ein Album aufgenommen, das wie aus der Zeit gefallen wirkt. Als wäre man in eine Zeitmaschine gestiegen und in eine alternative Version des Göteborgs der frühen bis mittleren 90er gereist, in der Tompa Lindberg grade bei IN FLAMES angeheuert hat, um den Nachfolger von „The Jester Race“ einzuspielen. Nur dass der eben nicht so eingängig wie „Whoracle“ oder später „Clayman“ ist, sondern stattdessen die etwas verschrobene Herangehensweise der ersten beiden Alben beibehält.

MAJESTIES steigen in die Melo-Death-Zeitmaschine

Das ist natürlich nur Träumerei, tatsächlich stecken hinter MAJESTIES nämlich drei Amis, die durchaus eine gewisse Underground-Credibility mitbringen. Tanner Anderson von den Melodic Black Metallern OBSEQUIAE sowie Carl Skildum und Matthew Kirkwold von den Melo Deathern INEXORUM gehen auf „Vast Reaches Unclaimed“ zurück zu den Wurzeln und zollen hemmungslos ihrer Vorliebe für frühen schwedischen Melodic Death Metal Tribut. Dies bringen sie von den atmosphärisch dichten Kompositionen bis hin zur ungeschliffenen, etwas dumpfen Produktion derart überzeugend rüber, dass man wirklich meinen könnte, ein verloren gegangenes Juwel aus der Urzeit des melodischen Schwedentods auf dem Plattenteller zu haben.

Statt wie ihre Vorbilder ab Mitte der 90er auf eingängiges Hit-Material abzuzielen, lassen MAJESTIES die Leadgitarren mal majestätisch erhaben und mal schwelgerisch verträumt als roten Faden durch die Songs führen. So sind die Stücke zwar sehr melodiebetont, aber eben nie aufdringlich oder dudelig. Keyboards und die gelegentlich gezupfte Akustikgitarre sind hier und da vorhanden, dienen aber ausdrücklich als schmückendes Beiwerk und nicht als tragendes Element. Dazu kreischt sich Tanner Anderson in bester Lindberg’scher Manier die geschundene Seele aus dem Leib. Klargesang? Fehlanzeige!

Auf einzelne Stücke einzugehen ist im Grunde müßig; wer mit dem Frühwerk von IN FLAMES, AT THE GATES und DARK TRANQUILITY vertraut ist, weiß genau wie „Vast Reaches Unclaimed“ klingt. Nichtsdestotrotz seien hier „In Yearning, Alive“ und „Verdant Paths To Radiance“ als tolle Beispiele für die epische, mit ausufernden Melodiebögen gespickte Herangehensweise an den Stil genannt, während Nummern wie „Our Gracious Captors“ und „Seekers Of The Ineffable“ auch mal ordentlich auf die Kauleiste geben, ohne dabei aber auf die filigranen, verspielten Zwischentöne zu verzichten.

„Vast Reaches Unclaimed“ ist ein wunderbarer Nostalgietrip

Klar, durch Eigenständigkeit zeichnen sich MAJESTIES sicherlich nicht aus. Dafür ist „Vast Reaches Unclaimed“ zu offensichtlich eine Verbeugung vor jenen frühen Glanztaten der Szene, derer die alten Hasen heute leider viel zu selten musikalisch gedenken. Als solche stellt das Album aber einen wunderbaren Nostalgietrip dar und entführt die Hörerschaft in eine Zeit, als Melodic Death Metal noch nicht gleichbedeutend mit meterdickem Keyboard- und Samplekleister, stumpfen Hüpf-Rhythmen, mäßig gekonntem Klargesang und einer übertrieben fetten Produktion war.

MAJESTIES knüpfen an die rauere, von jugendlicher Wildheit und vielleicht auch etwas Unbeholfenheit geprägte aber sich dennoch durch hohe Musikalität auszeichnende Frühphase des Genres an und dürften besonders all jenen eine Freude bereiten, die modernen Iterationen dieser Musik nicht mehr viel abgewinnen können.

01.03.2023

"Musik hat heute keinen Tiefgang mehr." - H.P. Baxxter

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