Magnum - Wings Of Heaven

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

Galerie mit 24 Bildern: Magnum - Rock Hard Festival 2019

In Folge des plötzlichen Todes von Gitarrist und Songwriter Tony Clarkin am 7. Januar haben wir uns entschlossen, die “Blast From The Past”-Rubrik in dieser Woche zusätzlich um ein paar MAGNUM-Meilensteine zu erweitern, die in unserem Archiv bisher noch fehlen. Dies beinhaltet auch den 1988er-Longplayer “Wings Of Heaven”.

MAGNUM befinden sich auf dem vorläufigen Zenit

1986 standen mit dem Vorgänger “Vigilante” die Zeichen auf Einhörnern, dicken Keyboards und poppiger Roger-Taylor-Produktion. Der QUEEN-Drummer sollte ursprünglich auch “Wings Of Heaven” produzieren, hatte schließlich jedoch andere Verpflichtungen. Stattdessen wurde die Platte von dem Niederländer Albert Boekholt veredelt, der MAGNUM zwar ebenfalls voll im technisierten Zeitgeist der Achtziger erscheinen lässt, jedoch dem Sound noch eine Spur mehr internationales Format verlieh. Obwohl “Wings Of Heaven” in Europa ein großer Erfolgt wurde – das Album geht auf 5 in der britischen Heimat und u. a. auf 2 in Schweden und 7 in der Schweiz –, bleibt der Erfolg in den USA oder Japan weitgehend aus.

Das mystische Flair der früheren Achtziger à la “Chase The Dragon” oder “On A Storyteller’s Night” haben MAGNUM gänzlich hinter sich gelassen, präsentieren sich im Vergleich zu “Vigilante” rockiger, dynamischer und noch hymnischer. Der Opener “Days Of No Trust” entfacht direkt ein beispielhaftes Melodiefeuerwerk. Ähnliches Kaliber fährt die Band mit dem supereingängigen Good-Time-Rocker “Start Talking Love” und dem Gänsehautstück “Pray For The Day”, das den Fall der Berliner Mauer herbei betet, auf.

“Wings Of Heaven” – das letzte große Werk der Achtziger

Schmusig wird es hingegen bei “It Must Have Been Love”. Wo eine Band wie WHITESNAKE etwa bei einem vergleichbaren Song eine schwanzgesteuerte Textpeinlichkeit sondersgleichen fabriziert hätten, spricht es für die Besonderheit von Tony Clarkins Stil, die entgegengesetzte Perspektive einzunehmen und aus der Sicht einer Frau zu schreiben, die von einem Mann lediglich als “Eroberung für zwischendurch” angesehen wird. “One Step Away” hingegen verfolgt einen etwas experimentelleren Ansatz und “Wild Swan” ist ein dramatisches Mini-Epos mit ebenfalls ungewöhnlichem Aufbau.

Apropos Epik: der Übersong des Albums schlechthin ist natürlich der zehnminütige Abschluss “Don’t Wake The Lion (Too Old To Die Young)”. Der Anti-Kriegs-Song vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs ist textlich noch intensiver als “Les Mors Dansants” und bietet eine musikalische Reise zwischen Prog Pop und überlebensgroßem Melodic Rock, die eigentlich aus zwei verschiedenen Songs besteht. MAGNUM haben in über 50 Jahren viele herausragende Stücke veröffentlicht, doch dieser gehört zu den ultimativen Meisterwerken, um eventuellen Neulingen die Großartigkeit der Band näher zu bringen.

Überragend. Punkt.

Sicher ist die glatt polierte und leicht unterkühlte Produktion, die sich nach E-Drums anhört, Geschmackssache. In Sachen Songwriting und Performance waren MAGNUM allerdings nur selten besser als auf “Wings Of Heaven”. Als letztes Album der Achtziger beendet es eine Serie von Großtaten, die sich konsequent über ein ganzes Jahrzehnt erstreckte und den Ausnahmestatus der Birminghamer Institution klarmachen sollte. Welch ein Jammer, dass MAGNUM nie die Weltstars wurden, die sie hätten sein sollen …

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17.01.2024

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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