Madder Mortem - Eight Ways

Review

Galerie mit 18 Bildern: Madder Mortem - Support der Soen Tour 2017 in Berlin

Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet ein so unglaubliches Album wie MADDER MORTEMs neues Werk “Eight Ways“ mich vor solche Probleme beim Schreiben einer Rezension stellt! Zum einen beschleicht mich, schon seit ich darüber nachdenke wie ich meine Eindrücke in Worte fasse, die Furcht, mit einer sprachlichen Auseinandersetzung mit “Eight Ways“ den Zauber des Albums aus den Augen zu verlieren. Das ist einerseits vermutlich gerade bei Musik solchen Kalibers der Fall (mit anderen Worten: Ich hätte es vorher wissen müssen), andererseits ist das halt der “Fluch“ des Schreiberling-Daseins (mit anderen Worten: Ich hätte es vorher wissen müssen)…

Das zweite Problem ist: Wo fange ich eigentlich an, das fünfte Album der fünf Norweger um die Geschwister Agnete und BP M. Kirkevaag zu beschreiben? Dass “Eight Ways“ ein hervorragendes Album geworden ist, habe ich schon gesagt – aber wo genau tauche ich tiefer ein in die Welt MADDER MORTEMs? Ich habe das Gefühl, dass kein auf Einzelheiten fokussierter Blick dem Album gerecht werden könnte, deshalb fällt es mir wirklich schwer, mich auf einzelne Instrumente oder Songs zu stürzen.

Für diejenigen, die mit den letzten Alben MADDER MORTEMs vertraut sind, sei an dieser Stelle zunächst gesagt, dass der mit “Desiderata“ eingeschlagene Weg weiterverfolgt und intensiviert wurde, “Eight Ways“ klingt in jeder Hinsicht reifer, tiefer und berührender als sein direkter Vorgänger. Alle anderen lesen bitte weiter, um auch ohne Kenntnis des Backkatalogs einen Eindruck der gebotenen Musik zu bekommen.

Fange ich also mit dem Gesamteindruck an, bevor ich einzelne Facetten der “acht Wege“ näher beleuchte: MADDER MORTEM wissen ganz genau, was sie tun. Jedes Riff, jedes Break, jeder einzelne Ton ist genau an der richtigen Stelle, es ist unfassbar. Was heißt hier “richtig“? – “Eight Ways“ reißt mich emotional so sehr mit, wie es Musik schon lange nicht mehr (ich würde fast so weit gehen, hier in Jahren zu rechnen) geschafft hat, DAS heißt “richtig“! Die Songs sind von Melancholie, von Schwermut, von Wut, von Verzweiflung und vielen Mischtönen derart massiv und authentisch durchzogen, dass mir der Genuss des Albums reihenweise Gänsehaut verschafft oder mir Tränen in die Augen treibt. Das meine ich ernst.

Einen großen Anteil hieran – und damit wären wir am Beginn einer etwas detaillierteren Betrachtung – hat Sängerin Agnete, deren Stimme absolut einzigartig ist. Wer bei Gothic Metal an Tarja Turunen oder Liv Kristine denkt und von MADDER MORTEM Ähnliches erwartet, hat schon verloren. Es geht hier um Emotionen und nicht um seichtes Geträller als Kontrast zum metallischen Hintergrund. Emotionen, die Agnete auf beeindruckende Weise transportiert – mir ist sonst niemand bekannt, der so verzweifelt klingen, so viel Wut in die Stimme legen kann und noch dazu naht- und scheinbar mühelos zwischen mehreren Emotionen wechselt. Technisch bewegt sie sich dabei auf sehr hohem Niveau; nicht nur die Gesangslinien verdienen die Bezeichnung “ungewöhnlich“, ihre Reichweite mit Brust- und Kopfstimme ist der helle Wahnsinn.

Agnetes Gesang ist also alles andere als Kontrast, sondern fügt sich perfekt in den instrumentalen Kontext ein, wird gleichsam zu einem weiteren Instrument, welches das Gesamtbild komplettiert. Und genau wie in der Malerei alle Farben zur Wirkung eines Gemäldes beitragen, so sind Gitarren, Bass und Schlagzeug auch bei MADDER MORTEM keine “Begleitung“. Die Gitarren, hörbar Siebensaiter, bewegen sich in einem riesigen Spielraum – fette, thrashige Riffs tauchen genauso auf wie bluesige Einschübe, akustische Passagen finden sich ebenso wie fast schwarzmetallische Leads, zwischendurch eine Art Tango (“Get That Monster Out Of Here“) oder ein metallischer Tim Burton-Soundtrack (“The Flesh The Blood The Man“). Dabei ist der rote Faden aber immer erkennbar. Das Gleiche gilt für den sehr gut hörbaren Bass und das treibende Schlagzeug. Man merkt, dass MADDER MORTEM als Band arbeiten, dass alle Mitglieder auf “Eight Ways“ dieselbe Vision verfolgen. Diese Vision wird auch in der transparenten, aber sehr druckvollen Produktion deutlich, die alle Details beleuchtet und den Songs auf diese Weise ihren perfekten Klang verleiht.

Und jetzt kommt das dritte Problem, das sich mir beim Schreiben dieser Rezension stellte: Wie schaffe ich es, “Eight Ways“ dem geneigten Leser angemessen zu beschreiben, ihm meinen bisherigen Favoriten für das “Album des Jahres“ schmackhaft zu machen? Wenn du, lieber Leser, bis hierhin durchgehalten und eine ungefähre Vorstellung davon bekommen hast, was “Eight Ways“ bei mir angerichtet hat, habe ich dieses Problem gelöst.

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17.05.2009

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